Friedrich Christian Nerly (Nehrlich)
Der Alte Eingang der Casa Baldi bei Olevano (Weinlese in Olevano), 1829/30
Während seiner römischen Zeit hielt sich Nerly in den Sommermonaten wiederholt in Olevano auf, wo er zahlreiche Studien von der Landbevölkerung und den aufgesuchten Orten anfertigte. Bei einer dieser Gelegenheiten entstand die Ansicht einer Vigna, der Eingang zu einem der vielen Weinberge, der von einer in Bäumen verankerten und von Weinlaub überwucherten Pergola überdacht ist. In deren Schatten haben sich zwei junge Frauen in der charakteristischen Tracht der Landbevölkerung niedergelassen, während in dem halb geöffneten Tor sich eine weitere junge Frau, einen Krug auf dem Kopf tragend, zu ihren Gefährtinnen umwendet.
Die kleine Genreszene strahlt eine zwanglose und selbstverständliche Lebendigkeit aus, wie Nerly sie an der einfachen Landbevölkerung liebgewonnen hatte. Ähnlich wie Ludwig Richter fühlte er sich von den "anmutig schönen Bewegungen" und dem "stattlichen Einherschreiten" (Richter 1886, S. 154) der Krüge und Körbe tragenden Landfrauen angezogen.
Nerlys Ansicht der Vigna stimmt bis hin zur geöffneten Tür und zu dem im Baum verankerten Dach mit einer Zeichnung Heinrich Reinholds überein, die dieser bereits 1822 in Olevano angefertigt hatte (München, Staatliche Graphische Sammlung). Nerly hat allerdings, durch das Hochformat bedingt, den Bildausschnitt enger gefasst und sich auf die Darstellung der Pergola konzentriert. Wiedergegeben sein dürfte jene "Vigna des Arciprete", die Schnorr von Carolsfeld bereits 1821 in mehreren Ansichten in sein "Landschaftsbuch" aufgenommen hatte (Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett).
Peter Prange