Philipp Otto Runge

Kopf einer liegenden Frau im Profil (Studie nach einem Gipsabguss), 1799

Die beiden Blätter mit einer weiblichen Büste (Inv.-Nr. 1938-60 und 1938-61) entstanden nach einem Gipsabguss, der wohl Niobe oder eine ihrer Töchter zeigt. Der Abguss eines Niobidenkopfes gehörte seit 1753 zur Gipssammlung (Anm. 1), und 1799 befanden sich eine Büste der Niobe sowie insgesamt vier Büsten ihrer Töchter bzw. Söhne in der Abgusssammlung (Anm. 2). Möglicherweise handelt es sich um denselben Kopf, der auf einem Gemälde von Heinrich C. C. Nickelsen als vierter von links auf einem Regal abgebildet ist (Anm. 3).
Traeger hatte aufgrund der relativ unfertigen Zeichenweise eine Entstehung in der frühen Kopenhagener Zeit angenommen und auf die stilbildende Kombination von Zeichnung und ausgeschnittener Silhouette hingewiesen, die ähnlich wie bei Inv. Nr. 34256 auf seine Beschäftigung mit dem Scherenschnitt zurückgeht.
Auf der Rückseite von Inv. Nr. 1938-60 befindet sich die Profilstudie eines jugendlichen Bacchuskopfes; eine Bleistiftzeichnung nach demselben Kopf, diesmal von der anderen Seite aufgenommen, befindet sich auf der Rückseite von Inv. Nr. 1938-136. Die ähnliche zeichnerische Anlage beider Köpfe lässt vermuten, dass beide Zeichnungen erst in Kopenhagen entstanden sind.
Die beiden Studien dürften nach demselben Gipsabguss entstanden sein, nach dem sich drei Zeichnungen Runges von verschiedenen Seiten ehemals im Pommerschen Landesmuseum in Stettin befanden (Anm. 4). Sie sind wohl nach einer Bacchusbüste entstanden, die auf einem Gemälde von Joachim Ferdinand Richardt im obersten Regal rechts sichtbar ist (Anm. 5).

Peter Prange

1 Vgl. Jan Zahle: Antiksalen, Figursalen, Museet, in: Spejlinger i gips, Udstilling på Det Kongelige Danske Kunstakademi, Billedkunstskolerne og Danmarks Kunstbibliotek, Sammlingen af Arkitekturtegninger, Kopenhagen 2004, S. 197, Nr. S 42.
2 Vgl. Ny Fortegnelse over Marmor- og Gibs-Figurerne samt Receptions-Stykkerne og flere Konstsager i det kongelige Maler- Billedhugger- og Bygnings-Academie paa Charlottenborg, med hosföyet kort Forklaring over de betydeligste Poster, Kopenhagen 1799, S. 6, Nr. 52 und Nr. 58; S. 7, Nr. 77, 82 und Nr. 83. Noch 1834 gehörten der Kopf eines Jungen und einer Tochter sowie drei nicht näher bezeichnete Köpfe aus der berühmten Gruppe zum Bestand; für den Hinweis danke ich Jan Zahle, Kopenhagen, email vom 26.6.2014.
3 Heinrich C. C. Nickelsen, Atelier in der Akademie, 1841, Öl/Lw, 42 x 54 cm, Privatbesitz, vgl. Zahle 2004, S. 158, Nr. 28, Abb.
4 Vgl. Traeger 1975, S. 303, Nr. 174, Abb. Hellmuth Bethe, Landesgeschichtliche Denkmäler und Stadtkultur, in: Baltische Studien N. F. 40, 1938, S. 350, hatte die Kopfstudien als Kopf des Antinous identifiziert.
5 Joachim Ferdinand Richardt, Atelier in der Akademie, Öl/Lw, 41.9 x 47,1 cm, Kopenhagen, Thorvaldsens Museum B 284, vgl. Zahle 2004, S. 156, Nr. 27, Abb.

Details about this work

Schwarze Kreide 203mm x 338mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1938-60 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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