Samuel Amsler, Stecher
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler
Johann Heinrich Felsing, Drucker

Grabtragung Christi (Grabtragung Borghese / Pala Baglioni), 1831

Der Kupferstich zeigt Raffaels Gemälde der Grabtragung Christi (Anm. 1), in der Literatur auch Grabtragung Borghese (nach dem Aufbewahrungsort) oder Pala Baglioni (nach der Auftraggeberfamilie) genannt. (Anm. 2) Raffael schuf das Altarbild im Auftrag der Atalanta Baglioni aus Perugia, die es wahrscheinlich dem Andenken ihres Sohnes Grifonetto widmete, der im Juli 1500 in Kämpfen mit den Florentinern getötet worden war. Traditionell wird der rechte Träger des Leichnams Christi als ein Porträt des Grifonetto gesehen. Das Bild fand 1507 seine Aufstellung als Teil eines Altars in der Kirche San Francesco al Prato in
Perugia. Hier verblieb es, bis es auf Anweisung von Scipione Borghese geraubt und Papst Paul V. als Geschenk überbracht wurde, der es seinem Neffen Scipione Borghese aber wieder für dessen Kunstsammlung übergab. Seitdem ist das Bild ein wichtiger Teil der Sammlung der Familie und wird noch heute in der Villa Borghese in Rom aufbewahrt. In Perugia wurde am Altar eine Kopie des Giuseppe Cesari, gen. Cavalier d’Arpino, angebracht.
Die Komposition des Bildes ist sehr bewegt und der Ausdruck der Figuren ist höchst emotional gestaltet, Raffael griff dabei auf verschiedene Anregungen Michelangelos (Tondo Doni und die Marmorskulptur der Pietà) und wohl auch auf die beiden Kartons der berühmten Cascina- und Anghiari-Schlachten Michelangelos und Leonardo da Vincis in Florenz zurück. Nach der Vollendung der Grabtragung Christi kehrte Raffael nur kurz nach Florenz zurück, doch der große Erfolg des Bildes eilte ihm voraus und ließ ihn wohl auf Vermittlung Bramantes nach Rom reisen, wo er fortan für Julius II. vor allem an seinen großen Freskenbildern arbeitete.
Durch Samuel Amslers weit verbreitete graphische Wiedergabe wurde gerade dieses Bild Raffaels in Deutschland sehr populär. Hermann Grimm schrieb dazu 1866 pathetisch, dass das Gemälde durch diese Reproduktion „fast zu einem deutschen Werke“ geworden sei. (Anm. 3) Im Jahr 1835, also nur wenige Jahre nach dem Erscheinen des Blattes, hatte schon Georg Kaspar Nagler über Amslers Stichtechnik höchst positiv geurteilt, dass diese Giovanni Volpatos frühere Wiedergabe der Grabtragung Christi (Anm. 4) ,sowohl in Correctheit der Zeichnung, als in der Tiefe des Ausdrucks“ weit übertreffe. (Anm. 5) „Er legte hier, wie in seinen übrigen Werken […], die einfache Stechweise der Alten zum Grunde, um der Bestimmtheit und Strenge der Umrisse des Originals keinen Abbruch zu thun. Von der neuen Behandlungsweise brachte er nur soviel in eine glückliche Verbindung, als ihm nöthig schien, dem Ganzen dadurch auch eine malerische Wirkung zu geben.“ (Anm. 6)
Die drei Predellentafeln der Grabtragung Christi mit den allegorischen Darstellungen der drei theologischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung, die heute getrennt vom Hauptbild in der Pinacoteca Vaticana aufbewahrt werden und die Amsler der ursprünglichen Form folgend unterhalb der Darstellung des Bildes wiedergibt, wurden von Giuseppe Craffonara separat in Giuseppe Antonio Guattanis 1820 in Rom erschienenem Katalog I più celebri quadri delle diverse scuole italiane riuniti nell’Appartamento Borgia del Vaticano radiert. (Anm. 7)
Andreas Stolzenburg

LIT (Auswahl): Meyer 1878, S. 376; Bernini Pezzini/Massari/Prosperi Valenti
Rodinò 1985, S. 169–170, Nr. III.13, Abb. 13 auf S. 668; Höper 2001, S. 258–259,
Nr. C 11.13, Abb. 277, Abb. (mit älterer Lit.)

1 Es handelt sich um eine Grabtragung Christi und nicht, wie häufig in der Literatur genannt, um eine Grablegung Christi.
2 1507, Öl auf Holz, 176 x 184 cm, Rom, Galleria Borghese; Meyer zur Capellen 2001, S. 233–246, Nr. 31 A (Predella: Nr. 31 B, C, D).
3 Grimm 1886, S. 266.
4 Bernini Pezzini/Massari/Prosperi Valenti Rodinò 1985, S. 169, Nr. III.12, Abb. 12 auf S. 667.
5 Nagler 1 (1835), S. 108.
6 Ebd.
7 Zu Craffonaras Radierwerk von 1820 vgl. Kat. 128.

Details about this work

Kupferstich; fest aufgezogen 456mm x 376mm (Bild) 485mm x 407mm (Platte) 655mm x 558mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 16484a Collection: KK Druckgraphik, Deutschland, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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