Louis (Jacques_Louis) Petit, Radierer
nach Franz Ludwig Catel, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler
Johann Friedrich Vieweg, Verleger

Die Verklärung Christi (Die Transfiguration Christi), 1800

In: Taschenbuch für 1801, Braunschweig 1800, Tafel X, nach S. X

Während Napoleons Italienfeldzug und der Besetzung des Kirchenstaates und seiner Hauptstadt Rom wurde unter vielen anderen Werken auch Raffaels Gemälde der Verklärung Christi beschlagnahmt und nach Paris transportiert. Zusammen mit weiteren Gemälden Raffaels und Werken anderer Meister, aber auch der antiken Statue des Laokoon kam die Verklärung Christi am 2. Juli 1798 in Paris an. Im Juli 1801 wurde das Bild zusammen mit mehr als 20 Werken Raffaels in der Grande Galerie des Louvre als Teil des Musée Napoleon der Öffentlichkeit präsentiert. 1810 fand ein Teil der Hochzeitsfeierlichkeiten Napoleons mit Marie Louise vor den Bildern statt: Benjamin Zix hielt diesen Zug im Bild fest. Nach Napoleons Sturz wurden große Teile der konfiszierten Kunstwerke an ihre ursprünglichen Aufbewahrungsorte zurückgeführt. So kam die Verklärung Christi 1815 nach Rom zurück, wo sie aber nicht mehr an ihren eigentlichen Standort in der Kirche San Pietro in Montorio in Trastevere gebracht, sondern in die neugegründete Pinacoteca Vaticana integriert wurde (vgl. Inv.-Nr. kb-2020-391g-18). (Anm. 1)
Der Berliner Maler Franz Ludwig Catel – in seiner Jugend im Zeichnen und Radieren unterrichtet von Johann Daniel Chodowiecki und ab 1811 als erfolgreicher Landschaftsmaler in Rom ansässig (Anm. 2) – studierte 1798 bis 1801 an der École des Beaux-Arts in Paris und hatte wohl noch vor der öffentlichen Ausstellung des Bildes im Louvre Gelegenheit dieses im Original zu sehen und zu studieren. Im Auftrag des Braunschweiger Verlegers Friedrich Vieweg schuf Catel eine kleine gezeichnete Kopie, die zusammen mit vier weiteren Zeichnungen nach Gemälden von Guido Reni, Andrea Sacchi, Domenichino und Annibale Carracci auf der Berliner Kunstausstellung 1800 gezeigt wurde. (Anm.3) In Paris fertigte der Kupferstecher Louis Petit eine Reproduktion der Zeichnung der Verklärung Christian, die mit weiteren Stichen, neben Petit von Pierre Charles Baquoy und Carl Ernst Christoph Hess, versehen mit kurzen Erklärungen der Kupfer in Viewegs Taschenbuch für 1801 erschienen. Die Verklärung Christi wurde dabei als einziges Blatt erstaunlicherweise seitenverkehrt zum Original angelegt und gedruckt.
Diese Reproduktion von Raffaels Verklärung Christi war gemeinsam mit dem Kupferstich im mehr oder weniger zeitgleich in Köln erschienenen Taschenbuch für Kunst und gute Laune (Inv.-Nr. kb-2020-145g-2, Motiv ebenfalls seitenverkehrt) (Anm. 4) eine der frühesten bildlichen Mitteilungen des Bildes in Paris, die man in Deutschland zur Kenntnis nehmen konnte, bevor die ausführlichen literarischen Beschreibungen der Werke Raffaels in Paris von August Wilhelm Schlegel erschienen, die aber keine Abbildungen enhielten.
Das künstlerische Problem der bildlichen Wiedergaben von Gemälden alter Meister im miniaturhaften Reproduktionsstich – abgesehen von den erwähnten, oft seitenverkehrten Wiedergaben – bringt ein Rezensent des Taschenbuchs von 1801 in der Neuen allgemeinen deutschen Bibliothek auf den Punkt: „[…] die zwischen dem Kalender befindlichen Kupfer […] sind in Paris von Herrn Franz Catel (aus Berlin) gezeichnet, und von Petit, Ducquoy (Anm. 5) und Hess recht hübsch gestochen. Hübsch ist das rechte Wort; denn die Bilderchen lassen sich recht hübsch ansehen, aber freylich vom Geiste der großen Maler, welche die Bilder entwarfen, ist hier wenig zu finden.“ (Anm. 6) Trotz dieser zeitgenössischen Kritik darf die künstlerische Leistung Catels – seine Zeichnung wird seitenrichtig gewesen sein –, dieses monumentale Gemälde anschaulich auf ein so kleines Format zu reduzieren, nicht unterschätzt werden.
Andreas Stolzenburg

LIT (Auswahl): Reifenscheid 1991, S. 292–293, Nr. I,2; Ausst.-Kat. Hamburg
2015 S. 433, Nr. 14.3, Abb. S. 135 (Beitrag Andreas Stolzenburg)


1 Siehe Steinmann 1917; Rosenberg 1985; Steinmann 2007.
2 Zu Catel siehe Stolzenburg 2007; Ausst.-Kat. Hamburg 2015a.
3 Andreas Stolzenburg: Illustrationen zum Taschenbuch für 1801 in: Ausst.-Kat. Hamburg 2015a, S. 133–137.
4 Hier auch eine weitere Wiedergabe von einem Werk der Raffael-Werkstatt: Meno Haas, Die hl. Margarete – Der Sieg der christlichen Heldin über die Hölle, 1801, Kupferstich, 118 x 72 mm (Bild), 139 x 85 mm (Blatt), in: Taschenbuch für Kunst und Laune, Köln 1801, Tafel 2, Hamburger Kunsthalle, Bibliothek, Inv.- Nr. kb-2020-146g-2.
5 Gemeint ist der Stecher Pierre Charles Baquoy (vgl. Kat. 181).
6 Anonym: Rezension des Taschenbuchs von 1801, in: Neue allgemeine deutsche Bibliothek 1801, S. 544

Details zu diesem Werk

Radierung und Kupferstich, Nadelschrift 130mm x 97mm (Bild) 148mm x 120mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Bibliothek. Erworben 2009 vom Antiquariat Wolfgang Braecklein, Berlin, mit Mitteln des Fördervereins "Die Meisterzeichnung. Freunde des Hamburger Kupferstichkabinetts e.V." Inv. Nr.: kb-2009-1557g-4 Sammlung: KK Druckgraphik, Frankreich, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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