Günter Brus, Erfinder

"Eisblut, blauer Frost", 1984

Köln, Edition Hundertmark. Aus: Heft der Edition Hundertmark; 17

Der Name Günter Brus verbindet sich in erster Linie mit dem Wiener Aktionismus und dessen exhibitionistischer Zurschaustellung körperlicher Versehrtheit. Doch von Anbeginn an zeichnete und schrieb der Künstler auch und brachte ein umfängliches Werk von Künstlerbüchern hervor. Eine solche „Bild-Dichtung“ – ein Ausdruck, mit dem Brus das Zusammenspiel seiner Zeichnungen und Texte bezeichnet – ist Eisblut, blauer Frost. Das Buch enthält die Reproduktionen von vier Buntstiftzeichnungen und handgeschriebenen Texten, in denen der Künstler Körper- und Naturwahrnehmung im Voranschreiten der Zeit abgleicht. Entsprechend verbindet sich in den Zeichnungen Amorphes mit Naturelementen in teils fantastischer, teils skurriler Weise: Ein Fisch trägt den in ein Tuch gebundenen Körper eines Menschen durch die Luft, aus einem Wolkenberg schießt im Sturzflug ein menschlicher Körper abwärts, und eine nicht näher zu definierende Kugelform nabelt sich von einem wie ein urwüchsiger Kiesel ins Bild ragenden Bauch ab. Wie der Text, der in poetischer Kürze nur andeutet, Assoziationen aufruft, aber nicht weiter ausführt, verbleiben auch die Bilder im Fragmentarischen, und dort, wo ihr Gegenstand intakt scheint, treten nur Teile eines Ganzen ins Sichtbare.
Viola Hildebrand-Schat
The name Günter Brus is primarily associated with Viennese Actionism and his exhibitionistic showcasing of physical mutilation. But Brus has also been active as a draughtsman and writer from the start and has produced a large number of artists’ books. Eisblut, blauer Frost is one such “image poem”, as the artist refers to the interplay between his drawings and texts. The book contains reproductions of four coloured-pencil drawings and handwritten texts in which Brus compares the perception of the body and nature over the course of time. The drawings accordingly merge amorphous shapes with natural elements in fantastic and sometimes whimsical ways: A fish carries the cloth -wrapped body of a human through the air; a human body catapults downward from a cloud mountain; and an indeterminate spherical shape hives off a belly that protrudes into the picture like a primordial pebble. Like the text, which provides only allusions in poetic brevity, calling up associations but not going into detail, the pictures, too, remain fragmentary, and wherever an intact-seeming object does appear, only parts of the whole are visible.
Viola Hildebrand-Schat

Details zu diesem Werk

Offsetdruck Hamburger Kunsthalle, Bibliothek Inv. Nr.: kb-1988-229t Sammlung: KK Druckgraphik, 20.-21. Jh.

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