Claus Böhmler, Erfinder

"Claus Böhmler zeigt Pinocchio, Ein lineares Programm", 1969

Köln, Gebr. König

„Das Buch ist die Erweiterung des Auges.“ Die Medientheorie des Marshall McLuhan beeinflusste Claus Böhmler nachhaltig. Schon sein erstes Künstlerbuch nimmt darauf Bezug. Der Untertitel zeigt an, dass das Projekt einem prozessualen Prinzip folgt, in dem die Linie sowohl Mittel der Gestaltung als auch vorantreibende Kraft ist. Böhmler bedient sich eines bekannten Objektes – der Figur des Pinocchio, wie sie für den Film der Walt Disney Studios entwickelt wurde – und spielt eine Vielzahl von Variationen durch. Dabei untersucht Böhmler eingehend die Formen, aus denen sich der gehende, fröhlich lächelnde kleine Junge mit dem Apfel in der linken Hand zusammensetzt. Er verwendet einen Stempel, also ein Muster, als Ausgangspunkt für neue Formen, die die Sehgewohnheiten des Betrachters auf die Probe stellen, irritieren und erweitern. Die Figur des Pinocchio wird mal in seine Einzelteile zerlegt, mal wird der Stempel durch eine Zeichnung ergänzt, dann wieder vervielfältigt und hintereinander gesetzt. Auf einigen Seiten überlagern die Stempel einander, auf anderen erscheint nur ein Teil der Figur auf dem Papier. Auf diese Weise geht der Künstler dem Motiv auf den Grund, hinterfragt die Wahrnehmung in spielerischem Umgang mit ironischem Unterton und regt die Kreativität der Betrachter an. Die letzten zwölf Seiten des Künstlerbuches wurden für eigene Stempelexperimente des Lesers frei gelassen.
Andrea Joosten
“The book is an extension of the eye.” Marshall McLuhan’s media theory had a lasting influence on Claus Böhmler. His first artist’s book already references it. The subtitle indicates that the project follows a process -oriented principle in which the line is both the creative medium and the driving force. Böhmler makes use of a well-known subject – the character of Pinocchio as developed for the Walt Disney Studios movie – and plays a multitude of variations on it. In the process, he subjects the forms out of which the walking, happily smiling little boy with an apple in his left hand is composed to a thorough examination. He uses a stamp, i.e., a set pattern, as a starting point for new forms that challenge the observer’s viewing habits, both irritating and expanding his perception. The character of Pinocchio is broken down into its component parts, with the stamp sometimes supplemented by drawing, or duplicated and set in rows. On some pages, the stamps overlap, and on others only a segment of the figure appears on the paper. In this way, the artist studies the motif in depth, calling perceptual faculties into question through a playful treatment with ironic undertones and stimulating the viewer’s own creativity. The last twelve pages of the artist’s book were left blank for the reader’s own stamping experiments.
Andrea Joosten

Details zu diesem Werk

Offsetdruck nach Originalzeichnungen auf Film unter Verwendung des Stempels Pinocchio der Walt Disney Productions Hamburger Kunsthalle, Bibliothek Inv. Nr.: kb-1982-452k Sammlung: KK Druckgraphik, 20.-21. Jh.

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