Gilbert & George, Erfinder

Dark Shadows, 1976

London, Art for All

Ende der 1960er Jahre prägten Gilbert & George den Slogan „Art for all“ (Kunst für alle), der sich gegen das Elitedenken in der Kunst richtete. Ihr grundlegender Ansatz, Kunst und Leben zu einer Einheit zu erklären, mündete in ihrer Selbsternennung zu „living sculptures“, zu „lebenden Skulpturen“. Entsprechend bezeichneten sie auch ihr 1976 publiziertes Buch Dark Shadow als „living sculpture book“, in dem sie ihre täglichen Gewohnheiten und Gedanken aufzeichneten. Hauptthema von Dark Shadow ist der exzessive Alkoholkonsum der beiden Künstler während dieser Zeit. Umgeben von dunklen Schatten („ghastly shadows“), demonstrieren die Fotos in dem Buch den Zustand zunehmender Trunkenheit und Desorientierung, die sich zum Schluss in Bildern düsterer Depressionen und Halluzinationen spiegelt. Dabei steht die klare Typographie des Buches bewusst im Widerspruch zur destruktiven Handlung der Erzählung. So verschwimmen die den Texten auf der rechten Seite gegenübergestellten Schwarz-Weiß-Fotos teilweise im Zuge der zunehmenden Trunkenheit der beiden Künstler. Die Wirkung des Buches besteht gerade in dieser Irritation: dem Gegensatz von äußerem und innerem Erscheinungsbild.
Petra Roettig
In the late 1960s, Gilbert & George coined the slogan “Art for all”, taking aim at elitism in the arts. Their basic approach was to declare art and life to be one, leading them to call themselves “living sculptures”. They thus referred to the book they published in 1976, Dark Shadow, a “living sculpture book” in which they recorded their daily habits and thoughts. The main theme of the book is their excessive alcohol consumption during this period. Surrounded by “ghastly shadows”, the photos in the book demonstrate the artists’ increasing drunkenness and disorientation, which is finally reflected in images of gloomy depression and hallucinations. The book’s lucid typography deliberately contrasts with its destructive plot. The black-and-white photos on the right-hand pages opposite the text thus become increasingly blurry as the two artists become more and more inebriated. The book derives its impact precisely from this opposition: the contrast between outward appearance and inner state.
Petra Roettig

Details zu diesem Werk

Hamburger Kunsthalle, Bibliothek Inv. Nr.: kb-1977-1958k Sammlung: KK Druckgraphik, 20.-21. Jh.

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