Rebecca Horn

Filme 1: Performances I; Simon-Sigmar; Performances II; Berlin - Übung in neun Stücken, 1970-1975

Zwei Einstellungen im Gegenschnitt: Der Schauspieler Otto Sander trägt einen Text über das Paarungsverhalten von Schlangen vor. Rebecca Horn schneidet mit zwei Scheren ihre Haare. Den Blick in die Kamera gerichtet, setzt sie die metallenen Scheren im Wechsel oder gleichzeitig an. Tiefe Kanten, unregelmäßige Einschnitte sind das Resultat. Entschlossen, im Tempo variierend, mal gewaltvoll und brutal, zuweilen experimentierend, mal an der Stumpfheit ihrer Instrumente scheiternd, vollzieht die Künstlerin einen selbstzerstörerischen Akt. Ihr Gesichtsausdruck bleibt dabei überwiegend reglos, gelegentlich zeichnet sich jedoch Schmerz und Anstrengung ab. In ihren Performances der 1970er Jahre konzentriert sich Horn auf Fragen nach Körpererfahrungen und Raumwahrnehmung. Dabei setzt sie oft körperverlängernde Werkzeuge oder Apparate ein, die sich zunehmend verselbständigen. Performances I, 1970-1972
Dokumentation von acht Performances:
Kamera: B. Liebner, KP Brehmer
16 mm, Farbe, Ton, 19 Min.
1. Rote Glieder, Blau-Blau-Blau, Rotbrust, Zunehmendes Schwarz
2. Haare wachsen: Bad Dream
3. Hahnengefieder
4. Balancestab
5. Schwarze Hörner
6. Federkleid

Simon Sigmar, 1971
Mit Sigmar Polke
Musik: Hayden Chisholm, "Simon Sigmar"
16 mm, Farbe, Ton, 3 Min.

Performances II, 1973
16 mm, Farbe, Ton, 36 Min.
Dokumentation von neun Performances:
1. Einhorn
2. Kopf-Extension
3. Weißer Körperfächer
4. Handschuhfinger
5. Federfinger
6. Gavin
7. Hahnenmaske
8. Bleistiftmaske
9. Kakadu-Meister

Berlin (10.11.1974 - 28.1.1975) - Übung in neun Stücken
Unter Wasser schlafen und Dinge sehen, die sich in weiter Ferne abspielen, 1974/1975
Mit Rebecca Horn, Guido Kerst, Lisa Liccini, Otto Sander, Veruschka von Lehndorff, Michel Würthle
Musik: Hayden Chisholm, "Feather Dance", "Fish Dance"
Realisation Helmut Wietz
16 mm, Farbe, Ton, insgesamt 42 Minuten
Dokumentation von acht Performances mit einem Epilog:
1. Mit beiden Händen gleichzeitig die Wände berühren
2. Blinzeln
3. Die untreuen Beine festhalten
4. Zwei Fischchen, die sich an einen Tanz erinnern. Räume berühren sich in Spiegeln
5. Zwischen den feuchten Zungenblättern die Haut abstreifen
6. Mit zwei Scheren gleichzeitig die Haare schneiden
7. Wenn die Frau und ihr Geliebter auf der Seite liegen, sich ansehn, und sie mit ihren Beinen die Beine des Mannes umschlingt - bei weit geöffnetem Fenster - ist es die OASE

In einer Reihe von acht Übungen, auf die ein Epilog folgt, realisiert Rebecca Horn Performances in einem leer geräumten Wohnraum, die das Verhältnis zwischen einer skulpturalen Handlung und ihrer Umgebung thematisieren.

Die untreuen Beine festhalten
Otto Sander agiert als Partner von Rebecca Horn bei dem Versuch, die Magneten, die beide sich um jeweils ein Bein gegürtet haben, zusammenzubringen. Die Angst vor der Trennung läßt die beiden schwarz gekleideten Gestalten zu einem seltsamen, dreibeinigen Geschöpf werden, das sich humpelnd, schwankend und schwebend durch den Raum bewegt.

Mit zwei Scheren gleichzeitig die Haare schneiden
In der letzten Episode der Performance-Reihe rezitiert der Schauspieler Otto Sander einen Text, der das Paarungsverhalten und Kampftänze von Schlangenmännchen detailliert beschreibt, während Rebecca Horn sich ihre langen roten Haare nach und nach vor der laufenden Kamera abschneidet. Beide Einstellungen sind im Gegenschnitt montiert. Die Lesung beginnt wie in einem Schauspiel-Seminar und der Monolog, der mit kühler Sachkenntnis begann, gewinnt während Sander den Text vorträgt einen Ausdruck des Erstaunens über die Veränderungen an der Person gegenüber.

Dirk Möllmann

Details zu diesem Werk

Farbe und S/W, Ton und kein Ton, DVD, PAL, 100 Min., 16 mm Film übertragen auf Video | Colour and b&w, sound and silent, DVD, PAL, 100 min., 16mm film transferred to video Hamburger Kunsthalle, erworben 2004 Inv. Nr.: V-2004-04a Sammlung: © VG Bild-Kunst, Bonn, 2020

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