Mona Hatoum

Deep Throat, 2002

Deep Throat, 2002, Videoarbeit

Das Video ist Teil der Installation "Deep Throat" (vgl. G-2002-1), bestehend aus einem Tisch mit Stuhl, Tischdecke und Besteck sowie einem präparierten Essteller. Im kreisrunden Ausschnitt des Tellers wird das Monitorbild zeigt. Das Videoband enthält endoskopische Aufnahmen aus dem Körperinnern von Mona Hatoum.

Deep Throat, 1996, Videoinstallation
Blick in den Körper - Mona Hatoum
Das Leben im Exil dürfte die in England lebende palästinensische Künstlerin Mona Hatoum für das Thema Macht und Identität sensibilisiert haben, das sich durch ihr gesamtes OEuvre zieht. Hatoums Werke sind Symbole der individuellen Existenz, ihr zentraler Bezugspunkt ist dabei der Körper, meist ihr eigener Körper, den sie in vielen Aktionen und Videos eingesetzt hat, so auch bei Deep Throat (1996, Abb. S. 155). Ihr Körper steht dabei zugleich für den weiblichen wie für den bedrohten Menschen. Eine Bedrohung, die der Betrachter ihrer Objekte am eigenen Körper nachzuvollziehen vermag. Mit Mona Hatoums eigenen Worten: »Als erstes erlebt man ein Kunstwerk körperlich. Ich mag es, wenn Werke sich sowohl auf der sinnlichen als auch auf der intellektuellen Ebene auswirken. Bedeutungen, Konnotationen und Assoziationen entstehen erst nach der ursprünglichen körperlichen Erfahrung, wenn die Phantasie, der Intellekt und die Psyche durch das, was man gesehen hat, entflammt werden.«
Auf dem Teller des gedeckten Tischs von Deep Throat erwarten uns keine Speisen, sondern bewegte Bilder: Eine von einem Arzt vorgenommene Endoskopie, die sonst der Untersu¬chung innerer Verletzungen und Krankheiten vorbehalten ist, setzte Mona Hatoum ein, um die Nahrung mit ihrem weiteren Weg durch unseren Körper in Verbindung zu bringen, um das Fleisch, das wir essen, mit dem Fleisch unseres Körpers gleichzusetzen. Auf der Reise durch den Körper legt Mona Hatoum eine geheimnisvolle Welt frei, die uns sonst verborgen bleibt. Die Innenansichten sind faszinierend, lassen uns Schönheit und Reiz seltsamer Formen entdecken, die mal wie sich öffnende Blüten, mal wie geheimnisvolle Tiefsee-Mollusken anmuten. Doch zugleich sind Zähne, Mundhöhle mit Zäpfchen und Schlund in der endoskopischen Vergrößerung irritierend, die Schleimhaut der Speiseröhre mit ihren Äderchen und dem feuchten Glanz werden in der surreal anmutenden Übergenauigkeit unangenehm. Zu sehen, was wir sonst nur fühlen, genau zu beobachten, was wir sonst lieber vergessen, wirkt schockierend, mag in uns vielleicht selbst Würgereflexe hervorrufen. Hatoums Teller funktioniert wie ein Vergrößerungsglas, durch das wir in das Innere des Körpers Einblick nehmen. Die Aufnahme von Speisen ist ein komplexes gesellschaftliches Ritual, das in der Öffentlichkeit in allen Facetten reflektiert wird, doch sobald die Nahrung einmal die Lippen passiert hat, ist jede Station ihres weiteren Wegs tabubelastet. Mit Deep Throat überschreitet Hatoum diese Grenzen und verbindet die soziale Konvention mit der ständigen Funktion des menschlichen Körpers.

Dr. Brigitte Kölle, 2007

Details zu diesem Werk

Farbe, kein Ton, LaserDisc, PAL, 5:15 Min., Loop Hamburger Kunsthalle, erworben 2002 Inv. Nr.: V-2002-33 Sammlung: © Mona Hatoum

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