Heinrich Steinhagen

Selbstbildnis, um 1940

Im Alter von etwa 60 Jahren formte Heinrich Steinhagen ein kraftvolles, ausdrucksstarkes Selbstbildnis in Ton. Er arbeitete feine Details in der Physiognomie und Mimik heraus, wie zusammengekniffene Augen mit darunterliegenden Tränensäcken, eine in Falten gelegte, hohe Stirn und einen langen, markanten Nasenrücken. Der Mund ist leicht geöffnet, als würde der Dargestellte gleich zu sprechen beginnen. Die unregelmäßig aufgetragene Glasur belebt die Plastik und vermittelt zugleich den Eindruck gealterter Haut; das Zusammenspiel von hellen und dunklen Partien akzentuiert die einzelnen Gesichtsfelder. Die Behandlung der Oberfläche spielt eine wichtige Rolle in der expressionistischen Plastik: Sie verweist auf die Einheit von Innen und Außen, von Körper und Seele, kann aber auch Verletzung oder Zerstörung meinen.

Steinhagen schuf einen Charakterkopf, der Auskunft über ein bewegtes Leben gibt: Als Mitglied der KPD beteiligte er sich nach 1918 an einem »Künstlerrat« für die Hamburger Kunsthalle. Seit 1919 arbeitete er in einem Atelier der Kunsthalle, und Direktor Gustav Pauli erwarb über 100 seiner Graphiken. Er war Gründungsmitglied der Hamburgischen Sezession, die er 1920 bereits wieder verließ. Steinhagen zog sich 1923 aus dem Kunstbetrieb zurück und widmete sich dem Bau und der Innendekoration seines Hauses in Hamburg-Rahlstedt, das er als Gesamtkunstwerk konzipierte. Nach seinem Tod 1948 verfiel das »Rahlstedter Schloss« zunehmend und wurde 1963 abgerissen.

Josephine Karg

Details zu diesem Werk

Ton, glasiert Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe aus Privatbesitz Inv. Nr.: S-200547 Sammlung: Klassische Moderne © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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