Ernst Barlach

Der Mann im Stock, 1918

Die sitzende Figur in der Skulptur Der Mann im Stock ist durch das Joch, das auf ein mittelalterliches Folterinstrument verweist, zur Bewegungslosigkeit verurteilt. Der Hals wird eng umschlossen, sodass das magere Gesicht des Glatzköpfigen verzweifelt gen Himmel ausgerichtet ist, und die ebenfalls fixierten Hände krümmen sich zu halbgeschlossenen Fäusten. Jedoch zeugen die Haltung des Mannes und der Schwung seiner gerundeten Gewandfalten von einer möglichen Befreiung aus der Situation – könnte sich der Gefesselte aus seinem Sitz erheben und davongehen?
Der bedeutende Expressionist Ernst Barlach entwickelte eine ganz eigene reduzierte und ausdruckstarke Bildsprache. Die Oberfläche des kräftigen Eichenholzes bearbeitet er in der für ihn typischen Schnitztechnik, bei der die Spuren von Flach- und Hohleisen ein regelmäßiges Muster ergeben. Wie viele andere Künstler seiner Zeit hatte Barlach den Ersten Weltkrieg zunächst als vielversprechenden Neuanfang begrüßt, ihn angesichts der langen Dauer mit tausenden Toten und Versehrten jedoch als »Weltkatastrophe« bezeichnet. In seiner Skulptur verbindet sich handwerkliches Können mit den Empfindungen hilfloser Ohnmacht und nagender Schuld sowie einer Kritik an Politik und Gesellschaft.

Inga Dreesen

Details zu diesem Werk

Eichenholz Hamburger Kunsthalle, Geschenk der Landeszentralbank Hamburg, 1952 Inv. Nr.: S-1952-18 Sammlung: Klassische Moderne © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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