Horst Janssen, Radierer
nach Johann Heinrich Füssli, Maler
Jens Cords, Drucker
oder Hartmut Frielinghaus, Drucker

"Alpchen Suite" / Der Nachtmahr, 25.01.1973 (radiert)

Teil der Folge: "Der Alp - Variationen zu Heinrich Füssli", 28 Radierungen und 1Titelblatt, Frankfurt a. M., Berlin, Wien 1974

In dieser Radierung paraphrasiert Horst Janssen das bekannte Füssli-Gemälde "Der Nachtmahr" von 1781 (Detroit, The Detroit Institute of Arts) und überführt es in seine eigene Bildsprache. Als Vorlage diente Janssen allerdings die Version von 1790–1791, die sich im Goethe-Museum in Frankfurt a. M. befindet, da diese im Druck seitenverkehrt erscheint. (Anm. 1) Janssen radierte diese Platte am 25.01.1973 und nach dem Werkverzeichnis von Hartmut Frielinghaus wurde sie im selben Jahr gedruckt, als Drucker nennt Frielinghaus Jens Cords und sich selbst. Die Auflage umfasst 30 nummerierte Exemplare und etwa 15 Probedrucke. Vgl. auch JF 1096, 1986-40-2, JS-3126, JS-3127, JS-3128, JS-3129.

Frielinghaus, Hartmut: Verzeichnis aller Janssen Radierungen zusammengefasst in Jahrgangsheften, Radierungen des Jahres 1973, [ff. Nr. 310 bis ff. Nr. 500], Hamburg 1987, o. S., Nr. 339.

Gäßler, Ewald (Hrsg.): Horst Janssen. Radierzyklen. Katalog und Werkverzeichnis, Hamburg 1995, Nr. 24/2.


1 Vgl. Schiff 1973, Bd. 1, S. 525, Nr. 928; Bd. 2, Abb. S. 270.


Zur Folge:
Zwischen 1973 und 1974 schuf Horst Janssen die Radierfolge „Der Alp – Variationen zu Heinrich Füssli“, die sich aus 28 Radierungen sowie einem Titelblatt zusammensetzt und im Jahr 1974 im Propyläen Verlag erschienen ist. Angeregt durch Johann Heinrich Füsslis (1741–1825) Gemälde „Der Nachtmahr“, von dem zwei Versionen existieren (1781, Detroit, The Detroit Institute of Arts und 1790–1791, Frankfurt a. M., Freies Deutsches Hochstift / Goethe-Museum) und dessen erste Version für einen Skandal sorgte als sie im Jahr 1782 zum ersten Mal in der Royal Academy in London ausgestellt wurde, setzt sich Janssen mit diesem Thema sowie mit anderen Motiven des Künstlers auseinander. Mit einiger Wahrscheinlichkeit hatte Janssen erfahren, dass Werner Hofmann für das Jahr 1974 im Rahmen der „Kunst um 1800“-Ausstellungreihe eine große Schau zu Füssli in der Hamburger Kunsthalle plante. (Anm. 1) Dies könnte Janssen zu einer künstlerischen Auseinandersetzung herausgefordert haben. (Anm. 2)
Die zahlreichen Zeichnungen, Skizzen, Probe- und Sonderdrucke zur Folge aus dem Vermächtnis des Sammlers Gerhard Schack (Legat 2007) und aus der Sammlung von Janssens Drucker Hartmut Frielinghaus (erworben 1997) in der Hamburger Kunsthalle zeugen von der intensiven und produktiven, künstlerischen Auseinandersetzung Janssens mit den Sujets Füsslis. Einige dieser Blätter waren 2009 in einer von Petra Roettig und Ursula Sdunnus kuratierten Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle zu sehen. (Anm. 3)
In der Folge „Der Alp“ spielt Janssen mit den Füsslischen Motiven und überführt diese fragmentarisch in eigene Kompositionen. So verschwimmen in einer alptraumhaften Szenerie, die von dem starken Zwischenspiel von Hell und Dunkel noch gesteigert wird, die Grenzen zwischen weiblichen Körpern, der affenähnlichen Gestalt des Alps, geisterhaften Pferdeköpfen und Janssens Selbstbildnissen. Neben dem bekannten Füssli-Gemälde „Der Nachtmahr“, dessen Version aus dem Goethe-Museum Janssen in der Radierung „Alpchen Suite“ (Inv. Nr.: 1986-40-2) in seiner eigenen Bildsprache paraphrasiert, setzt sich Janssen in anderen Blättern der Folge mit weiteren, dem Œuvre Füsslis entsprungenen Sujets auseinander und betitelt diese Radierungen mit „Füseli and me“ (Inv. Nr.: 1986-40-9), „Fuseli-er“ (Inv. Nr.: 1986-40-1) und „Wahrscheinlich Mrs. Fuseli alias Freundin“ (Inv. Nr.: 1986-40-21). (Anm. 4) Dabei diente ihm vermutlich der 1973 publizierte Œuvrekatalog zu Füssli von Gert Schiff als Vorlage.
Mehrere Blätter der Folge sind Bettina Sartorius gewidmet, mit der Janssen 1973 eine drei Monate andauernde, leidenschaftliche, aber problematische Beziehung führte. (Anm. 5) Auch Füssli soll in seinem Gemälde die unglückliche Liebe zu der jungen Anna Landolt, einer Nichte Lavaters, verarbeitet haben. (Anm. 6) Andere Blätter der Folge widmete Janssen seinem Freund, dem Verleger Wolf Jobst Siedler, der zur Zeit der Entstehung der Folge Geschäftsführer der Ullstein GmbH und damit auch des Propyläen Verlages war, in dem die Folge 1974 erschienen ist. (Anm. 7)
Neben Hartmut Frielinghaus waren nach dessen Werkverzeichnis noch weitere Drucker an der Folge beteiligt: Jens Cords, Volker Sammet, Peter Loeding, Wilhelm Schneider und Peter Fetthauer. (Anm. 8) Auf dem Blatt, welches der vom Verlag herausgegebenen Kassette beiliegt, werden allerdings nur die ersten beiden von ihnen genannt.
Die Drucke außerhalb der Folge, die aus 30 nummerierten Exemplaren besteht, kommen diesen zum Teil sehr nahe, wodurch eine Differenzierung zwischen Probedruck und Sonderdruck nicht immer eindeutig getroffen werden kann. Es existieren außerdem weitere Radierungen, die nicht in die Folge aufgenommen wurden, aber thematisch zu Janssens Auseinandersetzung mit dem Werk Füsslis gehören (u. A. Inv. Nr.: JS-3206; JS-3133; JS-3152) sowie weitere Motive, die einigen der Kassetten als Probedrucke beilagen (u. A. Inv. Nr.: JS-3158; JS-3161; JF 1119). Da bisher keine Reihenfolge der Blätter durch ein der Folge beiliegendes Inhaltsblatt vorliegt, wurde bei der Nummerierung der Blätter die Reihenfolge der Inventarnummern aus der Kassette der Hamburger Kunsthalle genommen.


Julia Lohse


1 Die Ausstellung fand vom 4. Dezember 1974 bis zum 19. Januar 1975 in der Hamburger Kunsthalle statt. Zu ihr erschien ein Katalog, siehe Ausst.-Kat. 1974.
2 Vgl. Siebel 2017, S. 209–211, S. 210.
3 Vgl. den Text zur Ausstellung „Horst Janssen. Der Alp – Variationen zu Heinrich Füssli“ vom 22. Februar 2009 bis zum 19. Juli 2009 in der Hamburger Kunsthalle, kuratiert von Dr. Petra Roettig und Ursula Sdunnus: www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/horst-janssen-0 (letzter Aufruf: 04.08.22).
4 Neben Füssli paraphrasiert Janssen in einer Radierung der Folge Angelika Kauffmanns (1741–1807) Gemälde "Zeichnung", das eins von vier Deckengemälden („Erfindung“, „Komposition“, „Zeichnung“, „Farbe“) ist. Kauffmann fertigte diese 1780 für den Vortragssaal der Royal Academy im Somerset House in London an. Seine Radierung betitelt Janssen mit „Angelica Fuseli“. Vgl. Walch 1998, S. 69–72, S. 70, Abb. 45.
5 Vgl. den Text zur Ausstellung „Horst Janssen. Der Alp – Variationen zu Heinrich Füssli“ vom 22. Februar 2009 bis zum 19. Juli 2009 in der Hamburger Kunsthalle, kuratiert von Dr. Petra Roettig und Ursula Sdunnus: www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/horst-janssen-0 (letzter Aufruf: 04.08.22).
6 Vgl. Albrecht 2016, S. 384ff.
7 Vgl. Siebel 2017, S. 209–211, S. 210.
8 Vgl. Frielinghaus 1987, o. S., Nr. 472, Nr. 470, Nr. 485, Nr. 184 A [Nachtrag 1974/75].

Bibliographie

Albrecht 2016: Henning Albrecht: Horst Janssen. Ein Leben, Reinbek bei Hamburg 2016

Ausst.-Kat. 1974: Johann Heinrich Füssli. 1741-1825, hrsg. v. Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1974

Frielinghaus 1984: Hartmut Frielinghaus: Verzeichnis aller Janssen Radierungen zusammengefasst in Jahrgangsheften, Radierungen der Jahre 1974/75, [ff. Nr. 156 bis ff. Nr. 309], Hamburg 1984

Frielinghaus 1987: Hartmut Frielinghaus: Verzeichnis aller Janssen Radierungen zusammengefasst in Jahrgangsheften, Radierungen des Jahres 1973, [ff. Nr. 310 bis ff. Nr. 500], Hamburg 1987

Schiff 1973: Gert Schiff: Johann Heinrich Füssli. 1741–1825, 2 Bde., Zürich/München 1973

Siebel 2017: Sabine Siebel: Im Wettstreit mit „Fuseli’s little dream“. Horst Janssens Radierserie „Der Alp“, in: Füsslis Nachtmahr. Traum und Wahnsinn, hrsg. v. Werner Busch und Petra Maisak unter Mitwirkung von Sabine Weisheit, Ausst.-Kat. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum, Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst Hannover, Petersberg 2017, S. 209–211 und Katalog S. 212–217, Nr. 148–159

Walch 1998: Peter Walch: Angelika Kauffmanns Deckengemälde für die Royal Academy in London, in: Angelika Kauffmann, hrsg. v. Bettina Baumgärtel, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Düsseldorf, Haus der Kunst München, Bündner Kunstmuseum Chur, Ostfildern-Ruit 1998, S. 69–72

Internetquellen

Text zur Alp-Ausstellung 2009, kuratiert von Dr. Petra Roettig und Ursula Sdunnus: www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/horst-janssen-0 (letzter Aufruf: 04.08.22)

Details zu diesem Werk

Strichätzung, Flächenätzung auf Zinkplatte in Schwarz und Dunkelgrau auf cremefarbenem Papier 161mm x 225mm (Platte) 347mm x 450mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Legat Gerhard Schack Inv. Nr.: JS-3130 Sammlung: KK Janssen-Archiv © Hamburger Kunsthalle / bpk © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Christoph Irrgang

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