Ein breiter Fluss fließt in Inv. 91 im Morgenlicht aus der Bildtiefe nach vorn, auf einer Landzunge im Bildzentrum befinden sich eine Ruine, rechts ein Gehöft. Im Vordergrund links zwei Reiter und ein Bauer mit Esel, dahinter treibt ein Hirte Kühe an das Ufer. Rechts vier Angler vor einem Wehr.
Im Licht des Sonnenuntergangs im Pendant (Inv. 93) verliert sich ein breiter Fluss nach rechts in die Bildtiefe; die linke Bildhälfte nehmen eine Ruine auf einer Landzunge und dahinter ein Felsmassiv ein. Im Vordergrund Hirten mit Kühen auf der Rast, ein vierspänniger Wagen und Reiter.
Die paarweise Zusammenstellung von Landschaften ist typisch für Tischbein. In Auktionen des späten 18. Jahrhunderts tauchen seine Arbeiten fast ausschließlich in dieser Form auf.1 Inv. 91 trägt deutlich erkennbar die Jahreszahl 1773, wogegen in Inv. 93 die letzte Ziffer des Datums nicht mehr zu lesen ist.
Idyllische, italianisierende Landschaften in der Art der holländischen »Bentvueghels« des 17. Jahrhunderts wie Jan Both oder Jan Asselijn gehörten zu den bevorzugten Sujets Tischbeins, der auf das hohe Ansehen der niederländischen Malerei bei den norddeutschen Sammlern bauen konnte. Zeitgenossen hoben regelmäßig die niederländischen Vorbilder des Künstlers hervor, der etwa »im Mahlen der Kühe und Schaafe […] Berghem, und in seinen Pferden Wouwermann nachzuahmen« suchte.2 Während seiner Lehrzeit bei Johann Jacob Tischbein kopierte auch der junge Johann Heinrich Wilhelm Tischbein 1766 besonders Berghem und Wouwerman.3 G. W.

1 Vgl. T. Ketelsen, T. v. Stockhausen, Verzeichnis der verkauften Gemälde im deutschsprachigen Raum vor 1800, 3 Bde., München 2002, Bd. 3, S. 1652-1656.
2 [G. L. Eckhardt] Hamburgische Künstlernachrichten, Hamburg 1794, S. 45, Anm.
3 J. H. W. Tischbein, Aus meinem Leben, 2 Bde., hrsg. v.
C. Schiller, Braunschweig 1861, Bd. 1, S. 66 f.

LIT.: Gustav Pauli, Die Kunsthalle zu Hamburg 1914-1924, Hamburg 1925, S. 11; Katalog 1930, S. 172; Katalog 1956, S. 160 f.; Katalog 1966, S. 167; Luther und die Folgen
für die Kunst, hrsg. v. Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1983, S. 450, unter Nr. 336, Abb. (Text v. Georg Syamken).

Details zu diesem Werk

• Beschriftung

  Beschriftung: Bez. unten links J. Jacob Tischbein / 1773

• Provenienz

  Frau Levenhagen, Hamburg, ? - 1924; dort erworben (zusammen mit Inv. Nr. 93), 1924

• Bibliographie

  Luther und die Folgen für die Kunst, Herausgeber: Werner Hofmann; Hamburger Kunsthalle, 1983, S. 450, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. unter Nr. 336

  Katalog der Alten Meister der Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Carl Georg Heise, 1966, S. 167, Abb.-Nr.

  Die Kunsthalle zu Hamburg 1914-1924. Bericht über die letzten zehn Jahre der Verwaltung, Gustav Pauli, 1925, S. 11, Abb.-Nr.

  Katalog der Alten Meister der Hamburger Kunsthalle, 1956, S. 160, Abb.-Nr.

  Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der Alten Meister, 1930, S. 172, Abb.-Nr.

  Die deutschen, englischen, französischen, italienischen und spanischen Gemälde 1350-1800 (Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 1), Martina Sitt; Herausgeber: Uwe M. Schneede und Martina Sitt, 2007, S. 357-358, Abb., Abb.-Nr.

  Die Malerfamilie Tischbein: Geschichte eines Aufstiegs, Osten-Sacken, Caroline von der (VerfasserIn); Freunde des Klosters Haina (Herausgebendes Organ); Michael Imhof Verlag (Verlag), 2023, Abb. S. 50, Abb.-Nr.