Aachener Meister

Madonnenaltar (Triptychon), um 1380

ja Dieses kleine, offenbar zur privaten Andacht konzipierte Triptychon zeigt in der Mitte Maria mit dem Kind im Arm auf einer symbolisch durch Stoff angedeuteten Rasenbank sitzend, vor einem mehr als die Hälfte des Bildfeldes füllenden, punzierten Goldgrund. Die im Oberkörper überlängte Figur der mit einer Krone geschmückten Madonna scheint in sich gekehrt den zutraulichen Blick des Kindes und den Griff seines Ärmchens nach ihrem roten Mantel kaum zu bemerken. Vor dem ornament- und blumenreichen, brokatähnlichen Grund der unteren Bildhälfte ist ihr Gewand über den beiden Knien in feine Falten gelegt, die mehrfach auch das weiße Untergewand aufscheinen lassen. Die Darstellung, die völlig aus der Fläche heraus gearbeitet ist und keinerlei Raumkonzeption erkennen lässt, wird allseits gerahmt von Vierpässen und quadratischen Vertiefungen, die bis auf fünf im linken Flügel ihre Füllung mit Reliquien und Edelsteinen eingebüßt haben.
Ebenso umfasst wird auf der linken Seite die schmale, in das hochformatige Bildfeld regelrecht eingezwängte Figur eines Heiligen mit einem Schwert in der rechten und einem Buch in der linken Hand. Auf der rechten Seite des Triptychons wird in spiegelbildlicher Anordnung von Buch und Schwert ein Mann gezeigt, der möglicherweise weltlichen Standes ist. Doch auch sein fein ausgearbeiteter Kopf mit den lockigen, kinnlangen Haaren ist von einem Heiligenschein hinterfangen. Sein roter Rock unter einem grünen, pelzgefütterten Umhang weist zahlreiche, teilweise dreidimensional wirkende Falten auf. Zu Recht wurde anhand des Faltenwurfs auf die Differenz zu dem Mittelteil hingewiesen. Zur Identifizierung der beiden Männer wurde zunächst das Schwert primär als Standeszeichen interpretiert. Wegen des Gewandes als Diakon wurde an den hl. Cyriacus erinnert, bei dem Mann mit Pelzumhang an den hl. Pankratius.1
Die Bestimmung von Inv. 791, angekauft als ein Werk aus dem Umkreis Meister Bertrams,2 änderte sich kontinuierlich. Die Herkunft der Erwerbung aus dem Rheinischen (evtl. Mainz) ließ Tietze zunächst an Köln denken.3 Stange wies durch den Vergleich mit einer Tafel des Rheinischen Landesmuseums Bonn auf den »nördlichen Mittelrhein«.4 Später schrieb Stange das Triptychon einer »älteren Aachener Werkstatt, um 1380« zu, worin ihm Hentzen folgte.5 Der schulisch-geographische Rahmen der Rheinlande lässt eine zeitliche Bestimmung um 1380 plausibel erscheinen. M. S.

1 Briefl. Mitteilung von W. Meyne, 16. 8. 1969.
2 Briefl. Mitteilung von H. W. Grohn, 6. 8. 1969.
3 Tietze 1919, S. 52.
4 Vgl. A. Stange, Deutsche Malerei der Gotik, 11 Bde., München/Berlin 1934-1961, Bd. 2 (1936 ersch.), S. 112, Abb. 142.
5 Stange 1967-1978, Bd. 1 (1967 ersch.), S. 112, Nr. 346; Hentzen 1970, S. 245.

AUSST.: Rhein und Maas. Kunst und Kultur, 800-1400, Museum Schnütgen, Köln, Musées royaux d’Art et d’Histoire, 2 Bde., Brüssel 1972, Bd. 1, S. 418, Nr. Q 21 (Text v. Anton Legner); Thomas Sello, Der Rahmen ist das halbe Bild, Hamburger Kunsthalle 1995 (Hintergründe und Materialien, 21), S. 8, Nr. 3, Farbabb.
LIT.: Hans Tietze, Die Kunstsammlungen der Stadt Salzburg, in: Österreichische Kunsttopographie, hrsg. v. Max Dvorák, Bd. 16, Wien 1919, S. 52 (als kölnisch); Alfred Stange, Ein Kapitel gotischer Malerei in Aachen, in: Aachener Kunstblätter 34, 1967, S. 163, 172, Abb. 2 (als ältere Aachener Werkstatt, um 1380); ders., Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer, 3 Bde., München 1967-1978, Bd. 1, (1967), S. 112, Nr. 346; Alfred Hentzen, Erwerbungen für die Gemälde-Galerie und die Sammlung Neuerer Plastik in den Jahren 1968 und 1969, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 14/15, 1970, S. 244-246, Farbabb. 1; Frank Günter Zehnder, Katalog der Altkölner Malerei, Köln 1990 (Kataloge des Wallraf-Richartz-Museums, 11), S. 95.

Details zu diesem Werk

Tempera und Öl auf Holz 55cm x 34cm (Bild) 55cm x 17cm (Bild) Erworben 1969 aus den Mitteln der Spendensammlung zur Jahrhundertfeier der Hamburger Kunsthalle Inv. Nr.: HK-791 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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