Leonaert Bramer

Schiffbruch an felsiger Küste, 1610

Zwei Segelschiffe sind in Seenot geraten und drohen an Felsen in Küstennähe zu zerschellen. Meterhoch türmen sich die vom Sturm aufgepeitschten Wellen und lassen die großen Schiffe sowie zwei kleinere Boote in der Ferne steuerlos hin und herschaukeln. Hilflos den tobenden Elementen ausgesetzt, kämpfen die zahllosen Seeleute verzweifelt um ihr Leben und versuchen sich zu retten. Einige springen waghalsig von den aufragenden Schiffsrümpfen ins Meer, andere versuchen im Wasser mit letzten Kräften das nahe Ufer zu erreichen. Ein Seemann wird auf einem großen Fass liegend an Land gespült, umher schwimmendes Treibholz zeugt von der zerstörerischen Gewalt des Sturms. Auf der hoch aufragenden Klippe rechts stehen vier Männer wild gestikulierend vor einem Wehrturm und werden Zeugen des Unglücks. Bramer reflektiert die Gewalt der Natur, gleichzeitig steht der Schiffbruch sinnbildlich für die Ohnmacht und Hilflosigkeit des Menschen. Er verzichtet auf eine differenzierte Darstellung der Wassermassen und Wellenbewegungen, so dass die Kraft der gegen die Bordwände schlagenden Wogen und die aufsprühende Gischt kaum wahrnehmbar sind. Bedrohlich und düster erscheint das Meer, wenige helle Pinselstriche sorgen für Lichtreflexe, die angedeutete, helle Horizontlinie trennt den Himmel mit den bedrohlichen Wolkenformationen vom Wasser. Die Dramaturgie der Szene zeigt sich fast vollständig im Vordergrund an den verzweifelten Rettungsversuchen der Schiffbrüchigen. Und doch scheinen die Figuren nicht wirklich vom Rhythmus der Wellen erfasst und von der Strömung in die Tiefe gezogen zu werden, sondern wirken schematisch angeordnet und wie nachträglich hinzugefügt.
Das in leichter Untersicht ausgeführte Bild deutet italienische Einflüsse an, die Bramer während seiner Italienreise 1615, die ihn unter anderem an den Hof der Farnese in Parma und nach Rom geführt hatte, gewonnen hat.

Sandra Pisot

Details zu diesem Werk

Leinwand 100cm x 134.5cm (Bild) 120.5cm x 155cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben 1944 Inv. Nr.: HK-725 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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