Claes (Nicolaes) Cornelisz. Moyaert

Joseph empfängt seinen Vater Jakob in Ägypten, 1628

Stehend, mit Turban und kostbarer Kleidung, begrüßt Joseph, Regent von Ägypten, seinen Vater Jakob, der vor ihm in die Knie gesunken ist. Dieser war mit seinen Söhnen, deren Familien, Vieh und Habe von Kanaan nach Ägypten gezogen, wohin die Brüder einst Joseph verkauft hatten. Im Land Gosen kam es zu der Begegnung (1. Moses 46,1-29). Die Komposition ist friesartig angelegt. Der Zug Jakobs kommt hinter einem verschatteten Felsvorsprung hervor, in der Bildmitte knien seine Söhne vor ihrem Bruder. Sonnenlicht hebt die Begrüßung auf der rechten Seite hervor. Zu Josephs Gefolge gehören zwei die Schleppe tragende Pagen und Soldaten, daneben eine Kutsche mit zwei Pferden. Die farbigen Gewänder der Figuren heben sich von der Berglandschaft in mattem Grün ab.
Für Moyaert charakteristisch ist der undramatische Erzählstil. Das Thema der Begegnung von Jakob und Joseph hat er 1636 wieder aufgenommen. In dem Gemälde in Brunswick, ein gedrungenes Querformat, wurde der Ausschnitt erheblich verkleinert; Joseph und Jakob sind dort ganz nach vorn versetzt.4 Der im Profil gesehene Hirt mit nacktem Oberkörper ist dort wiederholt.5 Auch die wuchtigen Tiere hat Moyaert mehrfach verwendet, die liegende und stehende Kuh links kommen auf dem Gemälde Gott erscheint Abraham in Sichem vor,6 das ebenfalls 1628 entstand. Auch auf dem Bild Jakob und Rahel beim Brunnen von 1638 blickt die lagernde Kuh am linken Rand auf den Betrachter.7
Moyaerts Konzentration auf alttestamentliche Geschichten geht vermutlich auf seine katholischen Auftraggeber zurück. Das früheste datierte Bild mit einer Szene aus der Josephsgeschichte, Jakob wird der blutige Rock gezeigt, ist 1624,8 das wohl späteste, Joseph verkauft Korn in Ägypten, nach Tümpel um 1650 entstanden.9 Die Unterschiede im Format, vor allem die verschiedenen Entstehungszeiten sprechen gegen die Annahme eines geschlossenen Zyklus.

Thomas Ketelsen 2001

1 Zur Schreibweise des Namens s. S. A. C. Dudok van Heel, De schilder Claes Cornelisz Moeyaert, in: Jaarboek Amsteldamum 68, 1976, S. 13-48. Der Künstler signierte seine Gemälde mit Moeyaert oder Mooyaert, auf Archivstücken findet sich hingegen Moyaert.
2 Der Hinweis auf die Slg. Kröger findet sich im Verst. Kat. vom 26. 3. 1828. Im Verst. Kat. Slg. Kröger, Hamburg (Pakischefsky/ Noodt), 17. ff. 8. 1812 ist jedoch kein entsprechendes Gemälde Moyaerts verzeichnet.
3 Verkaufsunterlagen im Archiv der Hamburger Kunsthalle (Sign.: Ankäufe aus Sondermitteln, Slg. 20 ab 1941).
4 Lw., 137,2 x 164,5 cm, Bowdoin Museum, Brunswick (Maine), Inv. 1970.41; Tümpel 1974, S. 253, Kat. 55; The Pre-Rembrandtists, bearb. v. A. Tümpel, Ausst. Kat. Crocker Art Gallery, Sacramento 1974, S. 84, mit Hinweis auf Inv. 702. Zu den von Moyaert bevorzugten Formaten, entweder das lange oder das gedrungene Querformat, ebd., S. 90.
5 Tümpel verweist auf ein drittes, nicht signiertes Gemälde, das die Komposition von Inv. 702 um 180 Grad gewendet zeigt und die Anordnung der Figuren dabei variiert; Holz, 52,7 x 119,4 cm, Shipley Art Gallery, Gateshead; Tümpel 1974, S. 10, Anm. 87,
S. 130, Abb. 178. Der Figurentypus sowie die Ausführung schließen jedoch eine Eigenhändigkeit aus.
6 Lw., 102 x 168 cm, Rijksmuseum Het Catharijneconvent, Utrecht, Inv. RMCC S. 23; Tümpel 1974, S. 247, Nr. 5; Im Lichte Rembrandts 1994, S. 227, Nr. 6.
7 Holz, 35 x 45 cm; Tümpel 1974, S. 250, Nr. 29, um 1638 datiert.
8 Holz, 155 x 132 cm, Muzeum Narodowe, Warschau, Inv. 831; Tümpel 1974, S. 251 f., Nr. 43.
9 Lw., 136 x 179 cm, Kunsthandlung Agnew, London 1969; Tümpel 1974, S. 253, Nr. 50. Zu den übrigen Gemälden mit Szenen aus der Josephslegende siehe ebd., S. 251- 253, Nr. 37-42, 44-49, 51-53, 55.

Lit.: Hermina Tunsina van Guldener, Het Jozefverhaal bij Rembrandt en zijn school, Phil. Diss. Utrecht 1947, S. 82 f.; Katalog 1956, S. 111; Bol 1969, S. 166; Katalog 1966, S. 116; Astrid Tümpel, Claes Cornelisz Moeyaert, in: Oud Holland 88, 1974, S. 10, Anm. 87, 86, 104, 253, Nr. 54, S. 88, Abb. 117; Luigi Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma, 3 Bde., Rom 1977-1980, Bd. 1, S. 162, Abb. 33.1; Meesterlijk vee. Nederlandse veeschilders 1600-1900, bearb. v. C. Boschma u. a., Ausst. Kat. Dordrechts Museum, Dordrecht, Fries Museum, Leeuwarden 1988, S. 122, Abb. 98; Im Lichte Rembrandts. Das Alte Testament im Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst, hrsg. v. Christian Tümpel, Ausst. Kat. Westfälisches Landesmuseum 1994, S. 46, 53, Anm. 155.

Details zu diesem Werk

Eichenholz 77.2cm x 162.7cm (Bild) 97cm x 182.5cm (Rahmen) Erworben 1942 Inv. Nr.: HK-702 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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