Dirck Hals

Eine lustige Gesellschaft

Zwei Kavaliere mit großen Kremphüten und eine junge Frau mit einer Tonpfeife in der Hand sitzen an einem kleinen Tisch, auf dem Spielkarten und zwei weitere Pfeifen liegen. An der Wand hängt ein Gemälde, ein Seestück in der Manier von Jan Porcellis. Das Bild im Bild ist ein häufig vorkommendes Motiv in den Interieurs von Dirck Hals, das mitunter als Schlüssel zur Interpretation herangezogen wird.2 So wurde in der Emblem-Literatur des 17. Jahrhunderts das Meer mit der Liebe und das Schiff mit dem Liebenden verglichen; das Rauchen der Frau deutet auf einen lockeren Lebenswandel.3
Die Malweise läßt auf eine routinierte Hand schließen, die Farben sind in dünnen Lasuren aufgetragen, die Grundierung ist teilweise stehengelassen. Die übereinandergeschlagenen Beine des lässig auf seinem Stuhl sitzenden Mannes sind jedoch verzeichnet, die rechte Hand und die Manschette versatzstückartig eingefügt.
Von dieser Komposition existieren mehrere Fassungen, darunter ein signiertes Gemälde im Querformat von 1629.4 Die Tür ist dort vollständig gezeigt, daneben ein Stuhl; das Bild im Bild stellt eine Dünenlandschaft dar. Die Gemälde in Wroclaw5 und ehem. in der Slg. Gottschewski sind keine eigenhändigen Wiederholungen.6 Auf beiden schmückt eine Feder, auf dem Hamburger Bild nur noch schwach zu erkennen, den Hut des Mannes links.
In einer größeren Komposition, Dirck Hals zugeschrieben, findet sich die gleiche Figurengruppe wieder, statt der Frau sitzt dort ein pfeiferauchender Mann.7 Hals hat seine Figuren in zahlreichen Zeichnungen und Ölskizzen auf Papier vorbereitet und in den Gemälden wiederholt verwendet.8 Im Vergleich zu den Zeichnungen sind der Rock des Mannes und das Kleid der Frau stark vereinfacht wiedergegeben.
Ähnliche Gesellschaftsstücke finden sich im Werk von Pieter Jacobs Codde, Willem Buytewech,9 Hendrik Pot oder Anthonie Palamedesz.

Thomas Ketelsen 2001

1 Judith Leyster. A Dutch Master and her World, bearb. v.
J. A. Welu, Ausst. Kat. Worcester Art Museum, Frans Halsmuseum, Haarlem 1993, S. 256f.
2 Vgl. Eine brieflesende Frau, Holz, 33,8 x 28,6 cm, Philadelphia Museum of Art, The John G. Johnson Collection, Inv. JC 434;
Leselust. Niederländische Malerei von Rembrandt bis Vermeer,
bearb. v. S. Schulze, Ausst. Kat. Schirn Kunsthalle, Frankfurt/M. 1993, S. 204 f., Nr. 35.
3 Zur emblematischen Deutung s. Tot lering en vermaak. Betekenissen van Hollandse genrevoorstellingen uit de zeventiende eeuw, bearb. v. E. de Jongh, Ausst. Kat. Rijksmuseum, Amsterdam 1976, S. 121.
4 Musée Hyacinthe Rigaud, Perpignan, Inv. 40 (Foto RKD, ohne Maße).
5 Eichenholz, 34,5 x 44 cm, Muzeum Narodowe, Wroclaw,
Inv. VIII-631; Katalog Zbiorów Malarstwa Niderlandzkiego, bearb. v. B. Steinborn, Wroclaw 1973, S. 56 f., Nr. 21, mit Hinweis auf Inv. 70.
6 Holz, 37,5 x 42 cm, ehem. Kunsthandel Gottschewski, Hamburg (als Simon Kick), Foto RKD.
7 Holz, 47 x 68 cm, Verst. Kellner, Berlin (Lepke), 3. 12. 1929, Nr. 8.
8 Zu dem Mann links s. Figuurstudies. Nederlandse tekeningen uit de 17de eeuw, bearb. v. P. Schatborn, Ausst. Kat. Rijksprentenkabinet, Amsterdam, National Gallery of Art, Washington 1991, S. 74 f., Abb. 3.
9 A. v. Wurzbach, Niederländisches Künstlerlexikon, 3 Bde., Wien/Leipzig 1906-1911, Bd. 1, S. 227, verwies auf Buytewech als möglichen Maler von Inv. 70, s. Kunstreich 1959, S. 30.

Lit.: Verzeichnis 1869, S. 24; Wilhelm Bode, Studien zur Geschichte der holländischen Malerei, Braunschweig 1883, S. 122; Katalog 1918, S. 65 f.; Katalog 1921, S. 68; Katalog 1930, S. 64; Katalog 1956, S. 73; Jan S. Kunstreich, Der »Geistreiche Willem«. Studien zu Willem Buytewech (1591-1624), Kiel 1959, S. 30, Nr. XI; Katalog 1966, S. 76; Gerlinde de Beer, Das Grauen vor dem bösen Meer. Symbolik und Realität in der Seemalerei des 17. Jahrhunderts, Teil 3, in: Weltkunst 66, 1996, S. 1710, Abb. 10.

Details zu diesem Werk

Eichenholz 58.5cm x 72cm (Rahmen) Vermächtnis Generalkonsul Groux 1866 Inv. Nr.: HK-70 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Dirck Hals