Ottmar Elliger d. J.

Tod der Sophonisbe

Mit gelöstem Haar und üppig fallendem Gewand ergreift Sophonisbe den von einem Diener dargebotenen goldenen Giftbecher und fügt sich damit ihrem Schicksal. Ihr weißes Inkarnat strahlt vor der in gedämpftes Licht getauchten, mit Reliefs und wallender Draperie hinterfangenen Szene. Es bildet zusammen mit ihrem blauen Gewand und dem Rot der Kleidung des Dieners einen farbigen Dreiklang, dessen Spannung der pastose Farbauftrag und die Unmittelbarkeit des Bildausschnitts unterstützen.
Der tragische Selbstmord der Tochter des karthagischen Feldherrn Hasdrubal geht als Bildthema auf eine von Livius geschilderte Episode aus den Punischen Kriegen zurück. Sophonisbe war dem numidischen Reiterführer Massinissa versprochen, der sich jedoch mit den Römern verbündete, woraufhin sie mit Massinissas Rivalen Syphax vermählt wurde. Nach dessen Niederwerfung 203 v. Chr. war sie wieder für ihren ersten Verlobten frei. Als Rom jedoch gegen die Verbindung Einspruch erhob und die Auslieferung der Karthagerin verlangte, tötete sie sich 203 v. Chr. auf Drängen Massinissas durch Gift.2
Obwohl das Sujet aus der römischen Geschichte eher auf eine höfische Sphäre verweist, ist auch eine Entstehung für das Kabinett »einer bürgerlichen Sammlung gehobenen Anspruchs« denkbar.3 Roll erachtet das unsignierte Gemälde als eigenhändiges Werk Elligers,4 das sie als Wiederholung eines 1980 im Londoner Kunsthandel angebotenen Bildes einordnet.5 Beide Varianten gehen auf das Vorbild einer Darstellung Giovanni Antonio Pellegrinis in der Schönborn’schen Sammlung in Pommersfelden zurück.6 Bekannt sind weitere Fassungen von und nach Elliger im Kunsthandel und in Privatbesitz.7 U. D.

1 Schriftl. Mitteilung von Carmen Roll, Augsburg, 18. 10. 2003.
2 Livius, Ab urbe condita XXIX.23,3 ff., XXX.12,11 f.
3 Ausst.-Kat. Hamburg 1998, S. 46.
4 Vgl. Roll 2001, Bd. 3, S. 70, Nr. G 23.
5 Anzeige der Robert Noortman Gallery in: Weltkunst 50, 1980, H. 24, S. 3611, Abb. (Lw., 45,5 x 40 cm); vgl. Roll 2001, Bd. 3,
S. 69, Nr. G 22.
6 Lw., 131 x 116 cm, um 1725; siehe ebd., Bd. 1, S. 153-156.
7 Vgl. ebd., Bd. 3, S. 69, unter Nr. G 22.

AUSST.: Birte Frenssen, Von Stutzern, Philosophen und Kesselflickern. Malerei des Barock in Hamburg, Hamburger Kunsthalle 1998, S. 45 f., Farbabb. 32.
LIT.: Katalog 1956, S. 57; Katalog 1966, S. 59, Nr. 684; Andor Pigler, Barockthemen: eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts,
3 Bde., Budapest 21974, Bd. 2, S. 435; Carmen Roll, Ottmar Elliger d. J. (1666-1732). Leben und Werk, 3 Bde., Phil. Diss. Augsburg 2001 (Ms.), Bd. 3, S. 70, Nr. G 23.

Details zu diesem Werk

Leinwand 67.5cm x 52.7cm (Bild) 90cm x 75cm (Rahmen) Erworben 1938 Inv. Nr.: HK-684 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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