Pieter Wouwerman
Vor dem Marketenderzelt
Vor Marketenderzelten mit aufgesteckten Kränzen haben vier Reiter Halt gemacht, zwei sind abgestiegen, einer blickt in einen leeren Bierkrug, der vierte tränkt sein Pferd. In der sich flach ausdehnenden Landschaft im Mittelgrund ist ein größeres Zeltlager aufgeschlagen.
Pieter Wouwerman griff vielfach auf Kompositionen seines Bruders Philips mit rastenden oder zum Aufbruch drängenden Soldaten vor Marketenderzelten zurück. Ein Gemälde in La Spezia mit gleicher Komposition, von Meijer als zeitgenössische Kopie nach Philips beurteilt,2 unterscheidet sich nur wenig in der Anordnung der Pferde und der Figuren. Vermutlich geht Inv. 678 auf die gleiche Vorlage zurück. Ein dem Umkreis Pieter van Bloemens zugeschriebenes Gemälde zeigt ebenfalls einzelne Motive der Komposition.3
Thomas Ketelsen 2001
1 Laut Versteigerungskatalog befand sich das Gemälde früher im Museum der Schönen Künste, Moskau.
2 Holz, 47,5 x 57,5 cm, Museo Amedo Lia, La Spezia, Inv. 299; Repertory of Dutch and Flemish Paintings in Italian Public Collections, Bd. 1, Liguria, hrsg. v. B. W. Meijer, bearb. v.
M. Fontana Amoretti, M. Plomp, Florenz 1998, S. 262, Nr. 441.
3 Lw., 84,5 x 96 cm, Verst. London, South Kensington (Christie's), 26. 9. 1996, Nr. 104.
Lit.: Katalog 1956, S. 173; Katalog 1966, S. 180.
Parcours: Die Rücken der Bilder (15.10.2004 - 17.04.2005)
Pieter Wouwerman orientierte sich oftmals in seinem Werk an den künstlerischen Erzeugnissen seines bekannteren Bruders Philip. Auch bei diesem Werk ist dies offenbar der Fall. Um nun eine korrekte Zuschreibung an Pieter oder eventuell an einen anderen weniger bekannten Nachahmer vorzunehmen, hofft man auf Hinweise auf der Rückseite des Gemäldes. Enttäuscht trifft man dort nur auf eine ‚tabula rasa’.
In der Restaurierung ist es üblich, durch Alterung geschwächte Leinwände zu doublieren. Dieses Gemälde kam 1937 bereits doubliert ins Haus und wurde auf Grund des Erhaltungszustandes erneut derartig behandelt. Der damalige Restaurator Victor Bauer hatte hierzu ein eigenes Verfahren entwickelt, das er auch „Großes Verfahren“ nannte. Dabei wird die abgenommene Leinwand mit einem Wachs-Harz-Gemisch auf eine neue Trägerleinwand aufgeklebt. Diese wird nicht wie gewöhnlich auf einen Keilrahmen aufgespannt, sondern auf einen festen Rahmen. Ihm ist eine Holzplatte eingelegt, die fast bündig das Bild hinterfängt und es somit schützt und unterstützt. Ein Blick auf die Rückseite der originalen Trägerleinwand ist somit für immer versperrt. Fehlen zudem die Dokumentationen des originalen Zustandes, sind alle Hinweise, die der Einschätzung der Bildseite dienen könnten, verloren.
Ute Haug 2004