Cornelis Norbertus Gijsbrechts, zugeschrieben

Vanitas-Stillleben

Das bislang Franciscus Gijsbrechts zugeschriebene Stilleben weist große Übereinstimmungen mit signierten Werken von Cornelis Norbertus Gijsbrechts auf, etwa mit zwei Vanitas-Stilleben von 1668 und 1669, auf denen die gleichen Gegenstände vorkommen.2 Ein Totenkopf, Zeichen für die Vergänglichkeit alles Irdischen, ist von geknickten Kornähren umgeben, die auf die Auferstehung verweisen: »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, so bleibt's allein; wenn es aber erstirbt, so bringt es viel Frucht« (Joh. 12,24).3 In der rundbogigen Nische sind ein Stundenglas, ein Kerzenhalter mit niedergebrannter Kerze, eine Tonpfeife, eine Muschel mit einem Halm zum Blasen von Seifenblasen zu einem Memento mori angeordnet; in vier schwebenden Seifenblasen spiegelt sich ein Fensterkreuz. Zu sehen sind ferner ein Nautiluspokal, ein gefülltes Flötglas, eine Schachtel, eine Laterne und ein illustriertes Buch. Die Statuette verkörpert Flora, anstelle von Blumen hier ebenfalls ein Symbol der Vergänglichkeit. Typisch für Cornelis sind der gefaltete Brief und die Notenblätter, auf denen der Totenkopf, der Hals einer Tanzmeistergeige und ein Bogen liegen.4
Braun hat auf die für Franciscus ungewöhnliche Darstellung des Nautiluspokals, der Flora und des Stundenglases mit gedrehten Säulen hingewiesen; auch sind dessen Stilleben meist prunkvoller als Inv. 624.5 Die malerische Ausführung spricht ebenfalls gegen eine Zuschreibung an Franciscus. Der schlechte Erhaltungszustand läßt eine sichere Aussage über die Eigen- händigkeit jedoch nicht zu. Eine Entstehung in der 2. Hälfte der sechziger Jahre ist wahrscheinlich.
Das Motiv des Vanitas-Stillebens mit Totenschädeln in Nischen findet sich etwa bei Jan Gossaert (1517) und Jacques de Gheyn II. (1603) vorgebildet.6

Thomas Ketelsen 2001

1 Illusions. Gijsbrechts. Royal Master of Deception, bearb. v. O. Koester, Ausst. Kat. Statens Museum for Kunst, Kopenhagen 1999, S. 16-18. Ein Aufenthalt in Hamburg erwähnt in G. L. Eckhardt, Hamburgische Künstlernachrichten, Hamburg 1794, S. 90 f.
2 Lw., 152 x 118 cm, dat. 1668, Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, Inv. KMSst 537; Illusions 1999 (s. Anm. 1), S. 154, Nr. 8. - Lw., 87,5 x 69,5 cm, 1669, Privatbesitz, Niederlande; Still-Life in the Age of Rembrandt, hrsg. v. E. de Jongh, Ausst. Kat. Auckland City Art Gallery 1982, S. 205-209, Nr. 41.
3 Zum Motiv der Kornähre vgl. S. Segal, A Prosperous Past. The Sumptuous Still Life in the Netherlands 1600-1700, Den Haag, 1988, S. 112 f. Zur Deutung der Vanitas-Stilleben s. J. Foucart, La peinture hollandaise et flamande de vanité. Une réussite dans la diversité, in: Les vanités dans la peinture au XVIIe siècle, hrsg. v. A. Tapié, Ausst. Kat. Musée des Beaux-Arts, Caen, Musée du Petit Palais, Paris 1990, S. 55-68.
4 Freundl. Hinweis von Dorothea Schröder, Cuxhaven.
5 Vgl. Lw., 115 x 134 cm, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen, Inv. 5102; Illusions 1999 (s. Anm. 1),
S. 218 f., Nr. 34; Braun 1994, Bd. 1, S. 56-60; Bd. 2, Nr. 2.2.1 bis 2.2.6 (signierte Werke), Nr. 2.3.1 bis 2.3.11 (zugeschriebene Werke).
6 Still-Life in the Age of Rembrandt 1982 (s. Anm. 2), S. 206-209, Abb. 41c, 41d.

Lit.: Poul Gammelbo, Cornelius Nobertus og Franciskus Gijsbrechts, in: Kunstmuseets Arsskrift 39-42, 1952-1955, S. 153, Nr. 157 (Franciscus Gijsbrechts zugeschr.); Katalog 1956, S. 71; Georges Marlier, C. N. Gijsbrechts, l'illusioniste, in: Connaissance des Arts 145, 1964, H. 3, S. 98;
Katalog 1966, S. 74; A. P. de Mirimonde, Les peintres flamands de trompe l'œil et de natures mortes au XVIIe siècle et les sujets de musique, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1971, S. 266 f., Abb. 54, S. 261; Michael Braun, Cornelis Norbertus Gijsbrechts und Franciscus Gijsbrechts, 2 Bde., Phil. Diss. Berlin 1994 (Ms.), Bd. 2, S. 257, Nr. 2.4.2.

Details zu diesem Werk

Leinwand 120.6cm x 92cm (Bild) Inv. Nr.: HK-624 Sammlung: Alte Meister Bildnachweis: Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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