Anita Rée
Bildnis Otto Pauly, um 1927
Während der 1920er Jahre war Anita Rée eine gefragte Porträtistin in Hamburg. Wichtige Persönlichkeiten der Hansestadt wie der Kunsthallendirektor Gustav Pauli oder der Literaturhistoriker Albert Malte Wagner gaben ihr Bildnis bei Rée in Auftrag. In repräsentativen Gemälden erfasst sie in neusachlichem Stil die Männer meist entsprechend ihrer Berufe und gesellschaftlichen Stellungen. Auch Otto Pauly (1872-1942), Versicherungsmakler und Kunstsammler, wurde in dieser Manier dargestellt: Das Bücherregal im Bildhintergrund mit Standardwerken der Literatur und Psychoanalyse belegen ebenso wie die kleine Plastik der drei weiblichen Akte die Kultiviertheit und Intellektualität Paulys. Das Lineal scheint seine Zuverlässigkeit und Präzision als Makler zu spiegeln. Das Porträt erinnert in Komposition, Attitüde und Staffage an Bildnisse der Frührenaissance und untermauert den Repräsentationsanspruch des Dargestellten. Zugleich bricht Anita Rée durch die latente Überzeichnung der Charakteristika des Porträtierten mit dieser Bildtradition.
Sophia Colditz