Sigmar Polke
Flucht Schwarz - Rot - Gold, 1997
Das Gemälde nimmt auf die berühmte Pressefotografie eines ostdeutschen Soldaten Bezug, der 1961 mit einem Mauersprung in den Westen floh. Polke montierte Bildelemente aus dem Foto in abstrahierter Form zu einer Kopiervorlage: die Figur im Sprung, die Häuserfassade im Hintergrund und die Stacheldrahtrolle unten. Aus einer Druckgraphik ergänzte er die zum Abschied oder zur Warnung ausgestreckten Hände. Beim Kopiervorgang erzeugte er manuell die elegante Wellenbewegung des Bildes und übertrug das Ergebnis, stark vergrößert, in Schwarz und Rot auf einen goldtonigen Malgrund. Durch dessen transparente Oberfläche sind der Keilrahmen und die Wand dahinter zu sehen. Passend zur Ost-West-Thematik zeigt das Bild einen Durchblick, der verschlossen ist. Die reflektierende Oberfläche erinnert zugleich an einen Fernsehschirm, auf dem historische Ereignisse an den Bundesbürgern vorbeiziehen. Mit ironischer Distanz und großer Leichtigkeit thematisiert Polke in "Flucht Schwarz-Rot-Gold" den Illusionscharakter der medialen Bildwelten der BRD.
Daniel Koep