Carl Gustav Carus

Gebüsch bei Pillnitz, um 1830

Das wenige Kilometer südöstlich von Dresden gelegene Pillnitz war für Carus ein wichtiger Bezugspunkt. Schon in seiner Funktion als einer der für die sächsische Königsfamilie tätigen Leibärzte hatte er sich ab den späten 1820er-Jahren immer wieder in deren am Pillnitzer Elbufer gelegenen Sommerresidenz eingefunden. Aber Carus war auch von den landschaftlichen Reizen der dortigen Umgebung angetan, die zu einem wichtigen Studienort für seine künstlerische Tätigkeit werden sollte. Mit dem 1832 erfolgten Kauf eines Landhauses in Pillnitz schuf er für sich und seine Familie die Voraussetzung, sich regelmäßig vor den Toren Dresdens aufhalten zu können. (1)
Zu den von ihm besonders geschätzten Motiven zählte in den Jahren ab 1830 auch die gegenüber von Schloss Pillnitz gelegene Elbinsel, zu der Carus erstmals 1833 übersetzte. (2) Obgleich wir der vorliegenden Ölskizze keine verlässlichen topografischen Anhaltspunkte entnehmen können, ist gut möglich, dass auch diese Arbeit auf der kleinen Insel entstand. (3) Jedenfalls vermittelt die Skizze einen überzeugenden Eindruck von der üppigen Vegetation, die Carus damals vor Augen hatte und welche sich auch in zeitgenössischen Berichten über das Eiland beschrieben findet.
Im Jahr 1862 blickte der Künstler auf die Jahrzehnte zuvor dort empfangenen Eindrücke zurück und beschrieb die Insel als eine „prachtvoll malerische Wildnis ungeheuren Pflanzenwuchses, wo gewaltige Kletten und Dolden durcheinander wucherten, welche früher hier zusammen mit jenen großartig geschwungenen Stämmen das Bild eines Stücks deutschen Urwaldes so wahrhaft bewundernswert darstellten“. (4) Die Charakterisierung deckt sich mit der Anmutung, die uns seine Ölskizze bietet. Im ausschnitthaften und nahsichtigen Modus wiedergegeben, sehen wir Bäume und Buschwerk, die zum Teil von Kletterpflanzen bewachsen sind und mit ihnen eine untrennbare Einheit bilden, aus der deutlich das vegetabile Wuchern spricht. Trotz ihres skizzenhaften Ausführungsgrads lassen sich der Arbeit gewisse Vorstellungen von den räumlichen Verhältnissen entnehmen, wozu auch der am oberen Rand sichtbare Himmel, ein in diesen ragender Baum und der Durchblick auf einen offeneren Bereich beitragen.
Von seiner zweiten Italienreise, die er 1828 als Begleiter des Prinzen Friedrich August von Sachsen unternommen hatte, brachte Carus die Praxis des Ölskizzenmalens in der freien Natur mit, die er in den 1830er-Jahren auch für seine in Pillnitz geschaffenen Naturstudien nutzte. Zugleich lernte er damit eine Technik kennen und schätzen, die der in Dresden ansässige norwegische Landschaftsmaler Johan Christian Dahl vollendet beherrschte. Unter dessen Einfluss hatte auch Friedrich kurzzeitig seine Fertigkeiten im Medium der Ölskizze erprobt, um jedoch in der freien Natur wenig später wieder den bewährten Bleistift zu bevorzugen. Hingegen hielt Carus für sein weiteres Schaffen an dieser Technik fest, um unmittelbar in Farbe auf das Gesehene reagieren zu können.

Markus Bertsch

(1) Ausst.-Kat. Dresden/Berlin 2009, S. 88 f., unter Nr. 70.
(2) Ebd., S. 91–94, Nr. 75–78.
(3) Ebd., S. 94 f., Nr. 79.
(4) Zit. nach ebd., S. 95.

Details zu diesem Werk

Öl auf Papier auf Pappe 23.3cm x 29.8cm (Bild) 36cm x 42cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben mit Mitteln der Campe’schen Historischen Kunststiftung, 1997 Inv. Nr.: HK-5557 Sammlung: 19. Jahrhundert © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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