Jean-Laurent Mosnier

Bildnis Alice Boué, 1798

Alice Boué, geb. Parish (1766-1837), Nichte des seit 1756 in Hamburg ansässigen Unternehmers und Bankiers John Parish, heiratete 1792 den Kaufmann Jean Pierre Boué. Das Dreiviertelportrait zeigt Alice Boué nach links sitzend in einem weißen Chemisenkleid vor einer tiefroten Draperie, die links den Ausblick in eine Baumlandschaft freigibt. Das Polster des Stuhles nimmt den das Gemälde bestimmenden roten Farbton wieder auf. Der Kopf der jungen Frau ist dem Betrachter zugewandt; die dunklen, teils geflochtenen Haare fallen in die Stirn und über die Schulter.
Das aufrechte und dennoch ungezwungene Haltungsmotiv dieses Dreiviertelportraits hatte Mosnier bis hin zur genauen Lage der Hände bereits zuvor in England verwendet,1 wo dieser Bildtypus einschließlich des Landschaftsausblicks und der Hinterfangung durch geraffte Vorhänge nicht ungewöhnlich war. Parallelen finden sich auch zu französischen Bildnissen der Konsulatsjahre.2 Qualität und Entstehungszeit des Portraits widerlegen auch die Vermutung, Mosnier sei von dem erst 1801 in Hamburg niedergelassenen Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (siehe dort) beeinflusst worden.3
Die Familie John Parishs, seinerzeit einer der reichsten Unternehmer in Deutschland, gehörte zu den wichtigsten Bestellern Mosniers in Hamburg. Zwei Kopien nach Inv. 5488 aus dem späteren neunzehnten Jahrhundert befinden sich in Privatbesitz in Hamburg und Südamerika.4 G. W.

1 The Honourable Mrs. Henry Pelham, dat. 1792, 114,3 x
88,9 cm, Hatchlands Park, England; vgl. G. Walczak, Jean-Laurent Mosnier. Fame, Revolution, and Early Exile, in: Apollo 156, 2002, Nr. 487, S. 10, Abb. 12.
2 Vgl. François Gérard, Mme. Barbier-Walbonne, um 1796, Lw., 79 x 59 cm, Musée du Louvre, Paris, Inv. R. F. 2192; Musée national du Louvre. Peintures. École française. XIXe siècle, bearb. v. C. Sterling, H. Adhémar, 4 Bde., Paris 1958-1961, Bd. 2, S. 34, Abb. 916.
3 Vgl. G. Marlier, Les séjours à Londres et à Hambourg du portraitiste Jean-Laurent Mosnier, in: Relations artistiques entre la France et les autres pays, Paris 1959 (Actes du XIXe Congrès International d’Histoire d’Art), S. 409; ebenso P. Rosenberg in: De David à Delacroix, Ausst.-Kat. Grand Palais, Paris, National Gallery of Art, Washington 1974, S. 550.
4 Schriftl. Mitteilung v. P. Boué, Hamburg, Dezember 1994.

AUSST.: Ausstellung von älteren Bildnissen aus Hamburger Privatbesitz, Kunstverein in Hamburg 1912, S. 20,
Nr. 118 (als Ch. Lemonnier/Le Mosnier).
LIT.: Helmut R. Leppien, Gemäldegalerie. Erwerbungen von 1991 bis 1993, in: Im Blickfeld 1, 1994, S. 252, Abb.; Gerrit Walczak, Jean-Laurent Mosnier in Hamburg, in: Volker Plagemann (Hrsg.), Die Kunst in Hamburg von der Aufklärung in die Moderne, Hamburg 2002 (Vorträge der Stiftung Denkmalpflege Hamburg, 3), S. 191, Abb. 7; Hermann Mildenberger, Jean-Laurent Mosnier. Der exilierte Hofmaler der Königin in Hamburg, in: Hans Dickel, Christoph Martin Vogtherr (Hrsg.), Preußen. Die Kunst und das Individuum, Berlin 2003, S. 78, Anm. 28.

Details zu diesem Werk

Leinwand 115.5cm x 88.4cm (Bild) Inv. Nr.: HK-5488 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford DupDia Silke Lachmund

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