Jerry Zeniuk

Number 56, 1975

Nummer 56

Auf den ersten Blick mögen Jerry Zeniuks systematisch durchnummerierte Gemälde monochrom und flächig wirken, bei genauerer Betrachtung offenbart sich jedoch eine spezifische Tiefenwirkung, die vor allem durch die ausgewählten Malmaterialien entsteht. Zeniuk, der bis 2011 Professor für Malerei und Graphik an der Akademie der bildenden Künste in München war und seit 2014 an der Akademie der Bildenden Künste an der Alten Spinnerei in Kolbermoor unterrichtet, wurde 1945 in der Nähe von Lübeck geboren und studierte Kunst in Colorado, USA. In den 1970er Jahren absolvierte Zeniuk mehrere Stipendienaufenthalte in Europa und Deutschland, unter anderem in Hamburg. In dieser Zeit stieg seine Beschäftigung mit dem Eigenwert und der emotionalen Wirkung von Farben. Der Künstler arbeitete fortan häufig mit Metall- oder Ölfarben sowie Wachs und Pigmenten, die er in zahlreichen dünnen Schichten auftrug. Die daraus resultierende besondere Lichtbrechung spielt mit der Illusion dreidimensionaler Räumlichkeit auf einem zweidimensionalen Bildträger sowie weich wirkenden, matt schimmernden und zugleich im Gegenlicht glänzenden Oberflächen. Frei von jedem Narrativ, minimalistisch und konzeptuell angelegt, stellen Zeniuks Bilder die Farbe und ihre Materialität als Ausdrucksträger in den Mittelpunkt. Das Werk „Number 9“, welches 1971 entstand und zum Frühwerk Zeniuks gehört, weist durch die Verwendung von Metallfarbe, Graphit und Wachs auf Hartfaserplatte eine ebenmäßige, matte Fläche auf, die sowohl an die Haptik einer Steinplatte erinnert als auch weich und fragil wirkt. „Number 37“ (1974) entstand ebenfalls auf einem hölzernen Bildträger, jedoch überspannte Zeniuk die Sperrholzplatte mit einer Leinwand. Das darauf aufgetragene Wachs und die Ölfarbe ergeben eine beinahe monochrome Fläche, deren erdig wirkender Farbton zwischen Ocker und Grau changiert. Eine ebenso bemerkenswerte Farb- und Tiefenwirkung zeigt das ein Jahr später entstandene Werk „Number 56“, dessen Oberfläche zusätzlich durch die sichtbaren Knötchen der Leinwand strukturiert wird. Bei diesem Bild arbeitete Zeniuk ausschließlich mit Wachs, in das er Pigmente mischte. Der Künstler schrieb 2017 in seinem Buch „How to Paint“: „Die Spannung, die entsteht, wenn ein Bild aus einer bemalten Fläche entsteht, bedeutet für mich die höchste visuelle Erfahrung. Wir sehen geistig vorgestellte und physisch konkrete Bilder (images and pictures) auf einer Oberfläche und begreifen zugleich, dass diese Oberfläche Teil eines Objekts ist, von etwas Materiellem, einem Ding. Wir schauen die Oberfläche an und sehen ein Bild. Dies ist konzeptuelles visuelles Denken in seiner höchsten Form.“

Inga Dreesen

Details zu diesem Werk

Wachs, Pigment auf Leinwand auf Hartfaserplatte / Wax, pigment on canvas on hardboard 160cm x 152.7cm (Bild) Inv. Nr.: HK-5346 Sammlung: Galerie der Gegenwart © Jerry Zeniuk / Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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