Tobias Stranover
Weintrauben
Täuschend echt wie die Trauben des Zeuxis, die – glaubt man den von Plinius d. Ä. in seinen Naturalis Historiae überlieferten Anekdoten – so wirklichkeitsgetreu gemalt waren, dass die Vögel daran zu picken versuchten, hängt die helle Weintraube samt Stiel, Blatt und Ranke an einem Nagel vor dunkler Wand.1 Die feinen Farbnuancierungen aus Gelb, Braun und Blassgrün lassen sie scheinbar plastisch hervortreten. Details wie die vom Blatt perlenden Tautropfen sowie eine außerhalb des Bildfeldes liegende Lichtquelle, die punktuelle Lichtreflexe auf Frucht und Nagel setzt und einen Schlagschatten an die Wand wirft, machen Inv. 528 zu einem echten »Trugbild«, einem Trompe-l’œil, wie sie auch von Hamburger Künstlern wie van der Smissen (siehe dort) bekannt sind.2
Das Pendant zu den hellen Trauben bildet Inv. 529 mit der Darstellung blauer Trauben. Ebenfalls als Gegenstücke angelegt sind die beiden Stillleben mit jeweils zwei Weintrauben, die sich in Schwerin befinden.3 U. D.
1 Vgl. C. Peres, Zur Herkunft des Topos, in: H. Körner [u. a.] (Hrsg.), Die Trauben des Zeuxis. Formen künstlerischer Wirklichkeitsaneignung, Hildesheim [u. a.] 1990, S. 3-39.
2 Vgl. Ausst.-Kat. Hamburg 1998, S. 17.
3 Weintrauben, Lw., je 78 x 64 cm, um 1700, Staatliches Museum Schwerin, Inv. 74, 75; s. Katalog Schwerin 1954, o. S., Nr. 354, 355, Abb. XXXIX.
AUSST.: Birte Frenssen, Von Stutzern, Philosophen und Kesselflickern. Malerei des Barock in Hamburg, Hamburger Kunsthalle 1998, S. 17, Farbabb. 9.
LIT.: Katalog 1918, S. 158; Katalog 1921, S. 164; Katalog 1930, S. 154; Katalog 1956, S. 146; Katalog 1966, S. 152.