André Masson
Der Abdecker (L’équarisseur), 1928
Linien setzen sich wie Peitschenhiebe über das Gliederungssystem von Waagerechten und Senkrechten fort. Die Farben der Felder, sonniges Ocker und Grün, werden an den Rändern links und oben beschattet; ein tiefes Grün steigt stufenförmig an. So drängt eine starke Bewegung schräg nach oben aus dem Bild heraus. Die auffälligste Form, blutrot, schießt wie eine Pfeilspitze in die Höhe und verläuft wie eine Lache nach unten. Der Titel suggeriert die Tötung eines Pferdes, das Bild macht die Auflösung einer Kreatur anschaulich. André Masson hatte sich seit 1923 mit dem Kubismus auseinandergesetzt, was dem strengen Liniengerüst unseres Bildes noch anzusehen ist.
Helmut R. Leppien
Details zu diesem Werk
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Beschriftung: Unten rechts signiert: André Masson
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André Masson (1896 – 1987), 1928 - ? (1); Collection Meunier (=Madeleine Meunier?), mind. 1929 (2); Galerie Simon (in Kommission?), Paris, mind. 1929? – ? (3); […] (4); Simone Collinet (Iquitos (Peru) 1897 – 1980 Paris), Paris (Sammlung oder Galerie Fürstenberg?) ca. 1954/1958 (5); Slg. Madame Gilles de Montbrison (Lebensdaten bisher unbekannt), Neuilly-sur-Seine, ? –mind. 1965 (6); Galerie Louise Leiris, Paris mind. 1969 (in Kommission?) (7); Ankauf von dort durch die Kunsthandlung Michael Hertz (1912 – 1987) Bremen, 1969 – November 1973 (8); Ankauf von dort durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen (heute = Stiftung Hamburger Kunstsammlungen), November 1973 (9); seitdem Dauerleihgabe an die Hamburger Kunsthalle
1) Es ist zu klären, wann, an wen und für wieviel wie Masson das Gemälde verkaufte oder weitergab.
2) Für 1929 und Meunier: Documents 2, hrsg. von Georges Bataille und Michel Leiris, S. 103 („Coll. Meunier“), Mitteilung vom Comité Masson, 19.8.2021.
Für 1931: Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Propyläen - Kunstgeschichte, Bd. 16, Berlin 1931 (3. Aufl.), in: Carl Einstein. Werke, Bd. 5, hrsg. von Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens, Berlin 1996, S. 557.
3) Ausstellung in der Galerie Simon, André Masson – Oeuvres de 1924 à 1929, 8.4.–20.4.1929, Kat. 34; ohne Besitzangabe laut Mitteilung vom Comité Masson, 17.8.2021. Die bisherigen Recherchen deuten darauf hin, dass sich das Gemälde (immer wieder?) von ca. 1929 (Ausstellung) bis nach 1945 in Daniel-Henry Kahnweilers Galerie Simon in Paris befunden hat, die während der deutschen Okkupation Frankreichs von Louise Leiris geführt wurde (Umbenennung in Galerie Louise Leiris wohl 1940, Kommentar Nadine Bauer, siehe Galerie des 20. Jahrhunderts, Galerie Simon: https://www.galerie20.smb.museum/kunsthandel/K65.html. Laut Auskunft des Comité Masson vom 14.8.2021 erfolgte die Umbenennung der Galerie in „Louise Leiris“ angeblich erst 1942). Nach Kriegsende führten Kahnweiler und Leiris die Galerie gemeinsam weiter. Das rückseitige auf dem Werk erhaltene Etikett der „Galerie Louise Leiris“ dürfte laut des Comité Masson während des Zweiten Weltkriegs oder kurz danach angebracht worden sein. Die darauf zudem vermerkte Fotonummer „10791“entspricht laut des Comité Masson den Werken, die 1928 und 1929 in der Galerie Simon ausgestellt worden waren.
Michel Leiris u. Georges Limbour: André Masson et son univers, Collection les grands peintres par leurs amis, Bd. 3, Genf 1947, Abb. S. 123 (Datierung: 1929, keine Besitzangabe, allgemeiner Dank u.a. an Galerie Louise Leiris, o. S.).
4) Bisher unbekannte Provenienz/en.
5) Simone Collinet (geb. Kahn, 1897–1980) begegnet dem Schriftsteller André Breton 1919. Ab 1924 war sie in seinem “Büro für surrealistische Forschungen” tätig. 1929 wurde die 1921 geschlossene Ehe geschieden. Sie heiratete 1938 Michel Collinet. Auf Grund ihrer jüdischen Herkunft musste Simone Collinet bei der Besetzung Frankreichs und Paris’ untertauchen, kehrte nach Kriegsende nach Paris zurück und gründete 1948 ihre eigene Galerie (bisher hierin: siehe https://www.galerie20.smb.museum/werke/968398.html unter Erläuterungen zur Provenienz). Von 1954 bis 1965 leitete sie die Galerie Fürstenberg in der 2 Rue Fürstenberg, wo sie ausschließlich Werke surrealer Künstler zeigte (Wikipedia). Wann, von wem und unter welchen Umständen Collinet „L’Équarisseur“ übernahm, ist bisher unbekannt. Im Archives de la Bibliothèque Kandinsky, Paris, Fonds Galerie Furstenberg konnten keine Hinweise auf das Werk eruiert werden. Da Collinet Teile der Sammlung Bretons übernommen hatte, kann es sein, dass sich auch dieses Werk vormals in dessen Sammlung befunden hat, was jedoch bisher nicht geklärt werden konnte.
Für 1958: Schon am 10.7.1958 bot der Bremer Galerist Michael Hertz der Hamburger Kunsthalle das Gemälde zum Verkauf an. Hertz teilte mit, dass das Werk sich bei einem „Pariser Eigentümer“ befand. Hiermit könnte Hertz Simone Collinet gemeint haben. Hertz an Maurice Jardot (Galerie Simon/Leiris) am 3.10.1969 rückblickend: „Haben Sie Dank für Ihre Zeilen wegen des Masson ‚L´équarisseur‘, den ich, um mir endgültig schlüssig zu werden, noch bei Ihnen ansehen wollte, denn es ist wohl bald 15 Jahre [sic?] her, daß ich ihn – ein einziges Mal – bei Madame Collinet sah […].“ (ZADIK, Bestand Galerie Michael Hertz, Bremen, A013_IV_048, Akte: Leiris Paris 1966 – 1976). Am 18.8.1958 bat Hertz den Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Hentzen, den offenbar vormals überreichten einzigen Fotoabzug des Gemäldes an ihn zurückzusenden, siehe: HAHK: Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1.1.1953-31.3.62.
6) André Masson, Ausst.-Kat. Musée National d’Art Moderne, Paris 1965, S. 16, Nr. 20.
7) HAHK: Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1.1.1953-31.3.62; 32-223.5 Ankäufe für die Gemäldegalerie ab 1.1.1968 bis 18.2.1976 ZADIK, Bestand Galerie Michael Hertz, Bremen, A013_IV_048, Akte: Leiris Paris 1966 – 1976.
8) HAHK: Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1.1.1953-31.3.62; 32-223.5 Ankäufe für die Gemäldegalerie ab 1.1.1968 bis 18.2.1976. Die Ankaufssumme belief sich auf 43.200 DM.
Stand: 20.4., 15.5.2020, Ute Haug, Jasper Warzecha, 11.2.2021 Ute Haug; zuletzt Ute Haug und Nadine Bauer, 26.2.2024
Status: ungeklärt, vermutlich unbedenklich.
Die Provenienz dieses Werkes konnte im Rahmen des gemeinsam von der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, Hamburger Kunsthalle und dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg, finanzierten Projektes "Erforschung der Werkprovenienzen der Kunstwerke mit ungeklärter bzw. bedenklicher Herkunft im Eigentum der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, die sich als Dauerleihgabe in der Hamburger Kunsthalle befinden." (siehe: https://www.hamburger-kunsthalle.de/forschungsprojekt-werkprovenienzen-zu-dauerleihgaben-im-eigentum-der-stiftung-hamburger) erforscht werden.
Zitierweise nach folgendem Schema: Künstlername, Werktitel, Inv. Nr., Provenienz und Link, sowie Name Bearbeiter*in, letzter Stand und Zugriffsdatum.
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Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen, weiterführende Informationen? Bitte richten Sie eine Nachricht an Dr. Ute Haug unter ute.haug[at]hamburger-kunsthalle.de.
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Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Werner Hofmann, 1989, S. 140, Abb. S. 140, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 289
Die Hamburger Kunsthalle. Bauten und Bilder, Herausgeber: Uwe M. Schneede, Helmut R. Leppien, 1997, S. 179, Abb. S. 179, Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle. Meisterwerke, Herausgeber: Uwe M. Schneede, Helmut R. Leppien, 1994, S. 237, Abb. S. 194, Abb.-Nr.
Hamburger Erfahrungen 1969-1990, Werner Hofmann; Herausgeber: Freunde der Kunsthalle e.V., 1990, S. 74, Abb. S. 75, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 86
Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Werner Hofmann, 1985, S. 134, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 272 (mit Abb.)
Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen für die Gemäldegalerie im Jahre 1973, Hans Werner Grohn, 1974, S. 120, Abb.-Nr.
20 Jahre Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen. Ausstellung einer Auswahl der Erwerbungen 1956-1975; Hamburger Kunsthalle, 1976, S. 70, Abb. S. Nr. 28, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 28
Die Gemälde der Klassischen Moderne, Hurttig, Marcus Andrew, 2010, S. 289, Abb., Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle, Prestel-Museumsführer, 1994, S. 110, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 190 (mit Abb.)
Hamburger Kunsthalle. Museumsführer, Herausgeber: Martina Sitt, 2005, S. 127, Abb. S. 127, Abb.-Nr.
Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen. Erwerbungen 1972/73, 1974, S. 22, Abb. S. 23, Abb.-Nr.
André Masson. Bilder aus den Jahren 1922 bis 1972; Kunsthandlung Michael Hertz, Bremen, 1972, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 6 (mit Abb.)
Mythologie d'André Masson, Jean Paul Clèbert, 1971, Abb. S. Nr. 56, Abb.-Nr.
Masson. L’ insurgé du XXème siècle; Accademia di Francia, Rom, 1989, Abb. S. 86, Abb.-Nr.
Andre Masson. Bilder aus dem Labyrinth der Seele, Herausgeber: Kai Buchholz u. Klaus Wolbert; Institut Mathildenhöhe, Darmstadt, 2003, S. 32, Abb. S. 63, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 27
André Masson [1896-1987]; Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid, 2004, Abb. S. 107, Abb.-Nr.
André Masson. 1886-1987. Massaker. Metamorphosen. Mythologien; Kunstmuseum Bern, 1996, Abb. S. 26/Nr. 14, Abb.-Nr.
Andre Masson, Herausgeber: William Rubin u. Carolyn Lanchner; The Museum of Modern Art, New York; Centre Georges Pompidou, Musée d’Art Moderne, Paris, S. 36, Abb. S. 37, Abb.-Nr.
André Masson; Musée National d’Art Moderne, Paris, 1965, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 20
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Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Propyläen - Kunstgeschichte, Bd. 16, Berlin 1931 (3. Aufl.), in: Carl Einstein. Werke, Bd. 5, hrsg. von Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens, Berlin 1996, Carl Einstein; Herausgeber: Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens, S. 166-168, Abb. S. 557, Abb.-Nr.
André Masson et son univers, Michel Leiris u. Georges Limbour, 1947, Abb. S. 123, Abb.-Nr.
Undercover Surrealism. Georges Bataille and Documents, Herausgeber: Dawn Ades u. Simon Baker; Hayward Gallery, London, 2006, S. S. 118, Abb. S. 120, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 104
The Invention of the 20th Century. Carl Einstein and the Avant-Gardes; Museo Nacional, Centro de Arte Reina Sofía, Madrid, 2008, S. 254, Abb., Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 103
Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Hanna Hohl und Wolfgang Eckhardt; Herausgeber: Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 1974, S. 120, Abb., Abb.-Nr.
Referenz, Abb. S. 94-95, Abb.-Nr.
Öl auf Leinwand 73.5cm x 92.5cm (Bild) 79.5cm x 98cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1973 Inv. Nr.: HK-5207 Sammlung: Klassische Moderne © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk Photo: Elke Walford
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