Christian Schad

Bildnis Egon Erwin Kisch, 1928

Der Maler Christian Schad hatte schon in seiner Zeit den Ruf, die Wirklichkeit besonders schonungslos wiederzugeben. Das mag ein Grund gewesen sein, weshalb er den bekannten Schriftsteller und Journalisten Egon Erwin Kisch darstellen wollte. Kisch galt als »der rasende Reporter« auf der Suche nach der Wahrheit, und so zeigte ihn Schad mit nacktem Oberkörper als einen, der nichts zu verbergen hat. Doch ist das Porträt auch bewusst inszeniert: Obwohl es in der Wohnung von Kisch entstand, platzierte Schad ihn in der Stahlträgerkonstruktion des Berliner Funkhauses, um auf seinen Beruf zu verweisen. Die Haltung des Journalisten wirkt entspannt, sein Blick jedoch ist fest und wach. Kischs helle, mit Tattoos versehene Haut nutzte Schad wie eine Leinwand im Bild. Die zur Schau gestellten Motive – eine leichtbekleidete Prostituierte, der von einem Säbel durchbohrte Kopf eines Asiaten und die maskenhaft verzerrte Darstellung eines Schwarzen Artisten – stammen vermutlich aus einschlägigen Vorlagenbüchern. Sie wirken wie schablonenhafte Zeichen, die den weltmännischen Wagemut des Journalisten unterstreichen. Die darin enthaltenen rassistischen und sexistischen Überzeichnungen nutzte Schad wohl auch, um Kisch als drastischen Kommentator einer von Gewalt und Macht geprägten Zeit zu zeigen – als einen Helden, dessen Waffen ein scharfer Verstand und kühne Reportagen waren.

Johanna Hornauer und Karin Schick

Details zu diesem Werk

Öl auf Leinwand 90.5cm x 61.5cm (Bild) 99cm x 69cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben 1971 Inv. Nr.: HK-5165 Sammlung: Klassische Moderne © Hamburger Kunsthalle / bpk © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Elke Walford

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