Cornelis Dusart
Ein Marktschreier
Auf einem Podium, umringt von belustigten Frauen und Männern, tritt ein Quacksalber auf. In der rechten Hand hält er eine Phiole, das hinter ihm angebrachte Schriftstück mit zwei Siegeln ist ein Beglaubigungsschreiben. Er trägt ein altmodisches Wams mit geschlitzten Ärmeln, ein rotes, federgeschmücktes Barett und einen Degen. Ein über den Ast des Baumes geworfener Vorhang hinterfängt die improvisierte Bühne.
Hofstede de Groot beurteilte Inv. 51 zunächst als eigenhändig, später als Kopie nach Jan Steen.1 Trautschold, der das Craquelé irrtümlich nicht im Firnis, sondern in der Malschicht ausmachte, nahm an, es handle sich um ein von Dusart überarbeitetes Gemälde Steens.2 Eine spätere Überarbeitung ist jedoch auszuschließen. Dusart setzte sich seit etwa 1685 intensiv mit dem Werk Steens auseinander; er besaß einige seiner Gemälde.3
Mehrere Quacksalber Steens können als Vorbilder für Inv. 51 gelten. Zumeist stehen sie umringt von Neugierigen auf einer erhöhten Bühne unter einem Baum.4 In der Kleidung unterscheiden sie sich von dem Scharlatan Dusarts, der jedoch auf eine andere Figur in Steens Amsterdamer Quacksalber zurückgehen dürfte.5 Auch die Gesichter der männlichen Zuschauer sind typisch für Steen. Die betonte Gestik dagegen findet sich häufig in Gemälden und Stichen Dusarts, in denen einzelne Figuren im Zentrum stehen.6 Ein Mezzotinto-Stich mit einem Harlekin auf einem Podium zeigt eine ähnliche Komposition (Hollstein 39). Inv. 51 dürfte gegen Ende der neunziger Jahre entstanden sein. Der Quacksalber in Bremen von 1702 zeigt eine vielfigurige Szene vor dörflicher Kulisse.7
Thomas Ketelsen 2001
1 Laut Heise, Holländische Reise 1917, Galerieakte.
2 Trautschold 1966, S. 188 f., weist die Komposition der Figuren Dusart zu, sieht allerdings »Steens Handschrift noch in der Ferne mit dem Ausblick auf Wipfel und den Kirchturm sowie in der Malerei des Laubwerks am oberen Bildrand«.
3 M. Westermann, Steens Komische Ficties, in: Jan Steen. Schilder en Verteller, bearb. v. H. Perry Chapman u. a., Ausst. Kat. Rijksmuseum, Amsterdam, National Gallery of Art, Washington 1996, S. 57 f.
4 Vgl. Dorfkirmes (ca. 1673), Rijksdienst Beeldende Kunst,
Den Haag, Inv. NK 2499; Jan Steen 1996 (wie Anm. 3), S. 58, Abb. 10; ferner Verst. London (Sotheby's), 6. 12. 1995, Nr. 97. Zu Steens Arztdarstellungen S. J. Gudlaugsson, De Komedianten bij Jan Steen en zijn Tijdgenooten, Den Haag 1945, S. 8-23.
5 Holz, 37,5 x 52 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. SK A 387; Katalog Amsterdam 1976, S. 523.
6 Vgl. etwa Mann und Frau in einer Weinlaube, Verst. Amsterdam (Christie's), 27. 11. 1986, Nr. 30. Zu den Mezzotinto-Stichen Dusarts s. Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, bearb. v. E. de Jongh, G. Luijten, Ausst. Kat. Rijksmuseum, Amsterdam 1997, S. 373-376, Nr. 80.
7 Lw., 64,5 x 79 cm, Kunsthalle, Bremen, Inv. 35-1856; Katalog der Gemälde des 14. bis 18. Jahrhunderts, bearb. v. C. Höper, Bremen 1990, S. 129 f. Ein weiterer Quacksalber von Dusart ist in einem Inventar von 1697 nachgewiesen. E. J. Sluijters, Hendrik Willem Schweickhardt (1746-1797), in: Oud Holland 89, 1975, S. 171 f., Anm. 96.
Lit.: Verzeichnis 1869, S. 14; Hofstede de Groot, Bd. 1, 1907, S. 51, Nr. 181; Katalog 1918, S. 41; Katalog 1921, S. 42; Katalog 1930, S. 40; Katalog 1956, S. 52; Katalog 1966, S. 54; Ernst Trautscholdt, Beiträge zu Cornelis Dusart, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 17, 1966, S. 188 f., Abb. 16.