Wassily Kandinsky
Weißer Punkt (Komposition 248), 1923
Wassily Kandinskys Gemälde Weißer Punkt aus dem Jahr 1923 zeigt eine Vielzahl von ineinander verwinkelten Elementen: Zickzacklinien, Dreiecke, Kreise, gebogene Formen und vereinzelte Geraden berühren oder durchdringen sich. Der titelgebende weiße Punkt schwebt wie ein dunkel umwölktes Gestirn in der rechten oberen Ecke der abstrakten Komposition, umrandet von Schwarz. Erscheint das Gefüge zunächst chaotisch, bildet es doch eine in sich stimmige Komposition. Die in den Grundfarben Gelb, Rot und Blau gestalteten Flächen werden durch den Einsatz von tiefem Schwarz und nuancierten Weißtönen hervorgehoben. Wassily Kandinsky, der zur Entstehungszeit des Gemäldes am Bauhaus in Weimar unterrichtete, widmete sich dort intensiv der Formen- und Farbenlehre. Für seine als »Kompositionen« betitelten Bilder strebte er bewegte, rhythmische, geradezu musikalische Wirkungen an. In den Publikationen »Über das Geistige in der Kunst« und »Punkt und Linie zu Fläche« legte der Maler ausführlich dar, wie beziehungsreich einzelne Formelemente und Farbklänge im Bild zusammen wirken. Besondere Faszination hegte er dabei für den Punkt und den sich ausdehnenden Kreis: »Der Punkt ist Urelement, Befruchtung der leeren Fläche.«
Inga Dreesen
Wie klingt ein Bild? Mit der virtuellen Realität in das Gemälde weißer Punkt.
https://www.hamburger-kunsthalle.de/see-hear-play-kandinsky
Details zu diesem Werk
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Beschriftung: Unten links monogrammiert und datiert: VK 23
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Roethel/Benjamin 689
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Wassily Kandinsky (1866 - 1944), Weimar/Berlin/ Neilly-sur-Seine, 1923 – ? (1); [...] (2);
Karl Nierendorf (1889 – 1947), Berlin und New York, spätestens 1930 – bis 31.3.1937 (3); Ankauf von dort durch Hilla Rebay (1890 – 1967), New York, später Greens Farms, Connecticut, 31.3.1937 – 1938 (4); Solomon R. Guggenheim (1861 – 1949), New York, 1938 – 1941 (5); Solomon R. Guggenheim Foundation, New York, 1941 – 30.6.1964 (6); Versteigerung im Auftrag der Solomon R. Guggenheim Foundation durch Sotheby's, London, Los 689, 30.6.1964 (7); Ankauf von dort durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen (heute: Stiftung Hamburger Kunstsammlugnen), 30.6.1964 (8); seitdem Dauerleihgabe an die Hamburger Kunsthalle.
1) Es ist noch zu klären, wann, wie und unter welchen Umständen Kandinsky das Werk verkaufte oder weitergab.
2) Bislang ungeklärte Provenienz/en. Da Nierendorf seit 1923 Kandinskys Kunsthändler war, ist anzunehmen, dass das Werk zu einem bisher nicht bekannten Zeitpunkt direkt von Kandinsky an Nierendorf überging. Ein Beleg hierfür ist noch zu ermitteln. Siehe zum Verhältnis von Kandinsky zu Nierendorf: Anja Walter-Ris: Die Geschichte der Galerie Nierendorf. Kunstleidenschaft im Dienst der Moderne Berlin/New York 1920-1995, Diss. FU Berlin 2003. Siehe u.a. S. 105: Nierendorf vertrat Kandinsky als Kunsthändler spätestens seit 1923; S. 222: Karl Nierendorf reiste 1936 mit 21 Kandinsky-Gemälden in die USA; S. 239: Nierendorf übernahm 1937 die Ostküsten-Vertretung für Kandinsky.
3) Wassily Kandinsky: Briefe an Will Grohmann 1923 - 1943 / kommentiert und hrsg. von Barbara Wörwag. Unter Mitarb. von Annegret Hoberg. Städtische Galerie im Lenbachhaus u.a., München 2015, S. 192f., Nr. 91, Wassily Kandinsky an Will Grohmann, 7.9.1930: „Bilder die Nierendorf gehören, No 243 u. 248 brauchen nicht ins Buch zu kommen!“ Siehe auch: Bibliothèque Kandinsky, Paris, Fonds Vassily Kandinsky, VK 254: Nierendorf, Karl (Galerie Nierendorf, Berlin): lettres, cartes postales (1934-1944), M5050_X0031_VK_254_020_P: Karl Nierendorf, New York an Kandinsky, 31.3.1937: „Sie [Rebay] […] macht nun folgendes Gebot: das Bild Nr. 248, das mir persönlich gehört, seit Jahren, würde sie für die Guggenheimsammlung vorschlagen, wenn sie für sich selbst das kleine Bildchen Nr. 361 bekommen würde. […] Ich habe heute diesem Vorschlag zugestimmt. [...].“ Kandinsky. A Retrospective View, Ausst.-Kat. Nierendorf Gallery, New York u.a. 1937, Nr. 18, „Composition 248“ ($500). Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin: Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1916-1944), München 1984, Nr. 689.
Siehe zur Galerie Nierendorf u.a. https://www.galerie20.smb.museum/kunsthandel/K49.html.
4) Catalogue of Fifty Paintings by Vasily Kandinsky. The Property of The Solomon R. Guggenheim Foundation - sold by order of the Trustees, zugl. Aukt. Kat. Sotheby’s, London, 30.6.1964, Los 6, „Provenance: Hilla Rebay, Greens Farms, Conneticut. Solomon R. Guggenheim, Private Collection, New York, 1938. Donated to the Foundation, 1941.“Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1964, S. 23. Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin: Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1916-1944), München 1984, Nr. 689. Hilla Rebay ist Gründungsdirektorin der Solomon R. Guggenheim Foundation und an der Entstehung des Guggenheim-Museums beteiligt.
5) Art of Tomorrow. Fifth Catalogue of the Solomon R. Guggenheim Collection of Non-Objective Paintings, Ausst.-Kat. Museum of Non-objective Art, 24 East 54th Street, Solomon R. Guggenheim Foundation, New York 1939, S. 129, Nr. 260. (Hier entsteht der Eindruck, dass das Gemälde bereits 1939 zur Guggenheim Foundation gehörte.
Catalogue of Fifty Paintings by Vasily Kandinsky. The Property of The Solomon R. Guggenheim Foundation - sold by order of the Trustees [zugl. Aukt. Kat. Sotheby’s, London, 30.6.1964], Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1964, S. 23. Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin: Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1916-1944), München 1984, Nr. 689.
6) Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin: Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1916-1944), München 1984, Nr. 689.
7) Catalogue of Fifty Paintings by Vasily Kandinsky. The Property of The Solomon R. Guggenheim Foundation - sold by order of the Trustees [zugl. Aukt. Kat. Sotheby’s, London, 30.6.1964], Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1964, S. 22f. Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin: Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1916-1944), München 1984, Nr. 689.
Aus der Aktennotiz betr. Ankauf Kandinsky für die Stiftung, 30. Mai 1964 (SHK Archiv) geht hervor, dass das Kuratorium gerne das Werk „Schwarzes Dreieck“ angekauft hätte, Herr Roskamp aber auf der Auktion das Gemälde „Weisser Punkt“ ersteigerte. Zudem wird festgehalten, dass Sotheby's auf das Aufgeld verzichtetet und Guggenheim eine Bezahlung erst 1965 erwartete. Siehe Archiv Stiftung Hamburger Kunstsammlungen: Aktennotiz betr. Ankauf Kandinsky für die Stiftung vom 30. Mai 1964 mit Zusatz vom 12. Juli 1964.
8) Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen. Erwerbungen 1964, Hamburg 1965, S. 16. Sowie HAHK: 32-223.5 Ankäufe für die Galerie 1.4.1962 bis 31.12.1967. Die Ankaufssumme betrug umgerechnet 155.483 DM. Siehe auch: HAHK: 32-280.6 Sonderausstellungen – Band II – SA 2, Kandinsky-Ausstellung und Archiv Sammlung Hamburger Kunstsammlungen: Aktennotiz betr. Ankauf Kandinsky für die Stiftung vom 30. Mai 1964 mit Zusatz vom 12. Juli 1964.
Archiv Stiftung Hamburger Kunstsammlungen: Aktennotiz betr. Ankauf Kandinsky für die Stiftung vom 30. Mai 1964 mit Zusatz vom 12. Juli 1964. Hier wird berichtet, dass Dr. Roskamp im Auftrag der Stiftung das Werk zum Vorzugspreis von 13.950 Engl. Pfund ersteigert hatte (ca. 155.483 DM).
Stand: 29.4., 15.5.2020, Ute Haug, Jasper Warzecha; 6.7.2021, 16.3.2022, Ute Haug; 26.2.2024 Nadine Bauer und Ute Haug
Status: geklärt, unbedenklich.
Die Provenienz dieses Werkes konnte im Rahmen des gemeinsam von der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, Hamburger Kunsthalle und dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg, finanzierten Projektes "Erforschung der Werkprovenienzen der Kunstwerke mit ungeklärter bzw. bedenklicher Herkunft im Eigentum der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, die sich als Dauerleihgabe in der Hamburger Kunsthalle befinden." (siehe: https://www.hamburger-kunsthalle.de/forschungsprojekt-werkprovenienzen-zu-dauerleihgaben-im-eigentum-der-stiftung-hamburger) erforscht werden.
Zitierweise nach folgendem Schema: Künstlername, Werktitel, Inv. Nr., Provenienz und Link, sowie Name Bearbeiter*in, letzter Stand und Zugriffsdatum.
Cite according to the following scheme: artist's name, title of work, inv. no., provenance and link, name of editor, last status, as well as date of access.
Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen, weiterführende Informationen? Bitte richten Sie eine Nachricht an Dr. Ute Haug unter ute.haug[at]hamburger-kunsthalle.de.
Do you have questions, criticism, suggestions, and further information? Please send a message to Dr. Ute Haug at ute.haug[at]hamburger-kunsthalle.de.
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Hamburger Kunsthalle. Meisterwerke der Gemälde-Galerie, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1969, S. 447, Abb. S. Nr. 352, Abb.-Nr.
Katalog der Meister des 20. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Helga Hofmann u. Janni Müller-Hauck, 1969, S. 61, Abb. S. 61, Abb.-Nr.
Wassily Kandinsky. Leben und Werk, Will Grohmann, 1958, Abb. S. S. 361/Nr. 139, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 334/Nr. 139
Erwerbungen von Alfred Hentzen und Wolf Stubbe. 1955-1969; Hamburger Kunsthalle, 1969, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 32
20 Jahre Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen. Ausstellung einer Auswahl der Erwerbungen 1956-1975; Hamburger Kunsthalle, 1976, S. 70, Abb. S. Nr. 26, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 26
Kandinsky. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Hans K. Roethel und Jean K. Benjamin, 1984, Abb. S. 642, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 689
Fünfzig Gemälde von Wassily Kandinsky aus dem Besitz der Solomon R. Guggenheim Foundation [zugl. Auktion Kat. Sotheby’s, London, 30.6.1964]; Hamburger Kunsthalle, 1964, S. 23, Abb. S. S. 22, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 6
Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen für die Gemälde-Galerie im Jahre 1964, Alfred Hentzen, 1965, S. 172, 174-176, Abb. S. S. 173/Nr. 6, Abb.-Nr.
In Memory of Wassily Kandinsky. The Solomon R. Guggenheim Foundation presents a survey of the artist's paintings and writings, Herausgeber: Hilla Rebay; Solomon R. Guggenheim Museum, New York, 1945, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 55
Die Gemälde der Klassischen Moderne, Hurttig, Marcus Andrew, 2010, S. 228, Abb., Abb.-Nr.
Führer durch die Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1966, S. 35, Abb.-Nr.
Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen. Erwerbungen 1964, 1965, S. 16, Abb., Abb.-Nr.
Kunst für Hamburg. Von laut bis leise. 50 Jahre Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen; Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg und Hamburger Kunsthalle, S. 118, Abb. S. 119, Abb.-Nr.
Kanidnsky et l’Expressionnisme, Herausgeber: Toshio Nishimura, 1973, Abb. S. Nr. 6, Abb.-Nr.
Art of Tomorrow. Fifth Catalogue of the Solomon R. Guggenheim Collection of Non-Objective Paintings; Museum of Non-Objective Painting, 24 East 54th Street, New York, 1939, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 260 (mit Abb.)
Kandinsky. A Retrospective View; Nierendorf Gallery, New York u. a., 1937, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 18
Die Kunst Osteuropas im 20. Jahrhundert in öffentlichen Sammlungen der Bundesrepublik Deutschland und Berlins [West]; Städtische Kunstgalerie, Bochum, 1980, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 271
Naissance d’un Grand Musée, Dore Ashton, 1968, Abb. S. [S. 137], Abb.-Nr.
Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Helmut R. Leppien und Armin Conradt; Herausgeber: Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe, 1965, S. 172-176, Abb., Abb.-Nr.
Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Helmut R. Leppien und Heinz Spielmann; Herausgeber: Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 1968, S. 159-160, Abb.-Nr.
Kandinsky. Punkt und Linie zu Fläche. Kandinsky am Bauhaus, Herausgeber: Erik Stephan; Städtische Museen Jena, 2009, S. 205, Abb. S. 133, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. I/8
Das Geistige in der Kunst. Vom Blauen Reiter zum Abstrakten Expressionismus; Museum Wiesbaden, 2010, S. 290, Abb. S. 291, Abb.-Nr.
Punkte in Flensburg; Museumsberg Flensburg, 2010, S. 22, Abb. S. 23, Abb.-Nr.
150 Jahre Hamburger Kunsthalle. Die Ankäufe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, Herausgeber: Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, 2019, S. 70-71, Abb., Abb.-Nr.
1923 - Gesichter einer Zeit, Hauptautor: Au, Juliane; Weiterer Autor: Himmelmann, Gabriele , 1962-
; Ludwig, Florian (VerfasserIn); Weiterer Autor: Schick, Karin , 1968- ; Weiterer Autor: Steinke, Jan
; Stolzenburg, Andreas , 1963- (VerfasserIn); Hamburger Kunsthalle (Herausgebendes Organ); Weiterer Autor: Florian Ludwig; Weiterer Autor: Karin Schick; Weiterer Autor: Jan Steinke; Weiterer Autor: Andreas Stolzenburg; Hamburg, S. 84-85, Abb., Abb.-Nr.Galka Scheyer und Die Blaue Vier: Lyonel Feininger, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Scheyer, Galka E. , 1889-1945 (KünstlerIn); Feininger, Lyonel , 1871-1956 (KünstlerIn); Jawlensky, Alexej von , 1864-1941 (KünstlerIn); Kandinsky, Wassily , 1866-1944 (KünstlerIn); Klee, Paul , 1879-1940 (KünstlerIn); Joch, Peter , 1962- (HerausgeberIn) (VerfasserIn); Strauß, Bianca (HerausgeberIn) (VerfasserIn); Berg, Lars , 1985- (VerfasserIn); Holzgang, Gilbert , 1949- (VerfasserIn); Sander, Gloria Williams , 1957- (VerfasserIn); Wünsche, Isabel , 1965- (VerfasserIn); Die Blaue Vier (KünstlerIn); Städtisches Museum Braunschweig (Herausgebendes Organ), 2024, S. 235, Abb., Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 137
Öl auf Leinwand 91.5cm x 73.3cm (Bild) 105.5cm x 86.5cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1964. Restauriert im Rahmen der Initiative »Kunst auf Lager« mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, 2015 Inv. Nr.: HK-5094 Sammlung: Klassische Moderne © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk Photo: Christoph Irrgang
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