Edvard Munch

Mädchen auf der Brücke, 1901

Eng zusammengerückt und doch seltsam verloren stehen drei Mädchen in einer nordischen Sommernacht auf der Landungsbrücke von Åsgårdstrand. Zwei von ihnen schauen mit gesenkten Köpfen ins Wasser; ein drittes, weiß gekleidetes im Vordergrund hat sich umgewandt und den gelben Strohhut abgenommen, sein Blick gleitet in eine unbestimmte Ferne. Edvard Munch könnte eine solche Szene selbst beobachtet haben. 1889 verbrachte er den ersten von vielen Sommern in dem aufstrebenden Badeort am Oslofjord; 1898 erwarb er dort ein einfaches Fischerhaus. Von 1901 bis zu seinem Tod hat er sich mit dem Motiv auseinandergesetzt – als symbolische Darstellung von Weiblichkeit und zugleich als Reflexion seines eigenen Verhältnisses zur Welt. Im ersten Gemälde aus der Nationalgalerie in Oslo stehen die Mädchen vor einer nächtlichen Landschaft, die von der Silhouette eines riesigen Lindenbaumes dominiert wird. Die Hamburger Fassung konzentriert sich dagegen auf die Figuren. Vom Baum bleibt bloß ein düsterer Schatten im Wasser; er wird zum Pendant der nach innen gerichteten Blicke. Durch die perspektivische Flucht des Geländers nimmt die Szene den Betrachter unwiderstehlich gefangen: Munch zeigt weniger das Bild einer äußeren als vielmehr das einer inneren, seelischen Landschaft.

Florian Britsch

Details zu diesem Werk

Öl auf Leinwand 83.8cm x 129.6cm (Bild) 111cm x 156.5cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben 1961 Inv. Nr.: HK-5052 Sammlung: Klassische Moderne © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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