Ernst Wilhelm Nay
Akkord in Rot und Blau, 1958
Chord in Red and Blue
Das Werk Nays ist durch klar umrissene Phasen gekennzeichnet, in denen ein bestimmtes Thema oder Motiv immer neu variiert wird. Arbeitete Nay zunächst noch figurativ, rückte er seit 1930 immer mehr vom Gegenstand ab, zugunsten eines freien Spiels von Farbe und Form. Zwischen 1954 und 1962 schuf er die Gruppe der sogenannten Scheibenbilder mit rund 350 Werken: Aus der schwingenden Drehbewegung des Pinsels entwickelte der Maler eine Kreisform, in der er ein ideales Element zum Aufbau spannungsvoller Kompositionen fand. Scheiben können in der Fläche nebeneinander oder im Raum übereinander liegen, können ruhende Massen oder dynamische Wirbel sein; sie erinnern an Gegenstände wie Blumen, Sterne oder Augen, verweisen aber nie eindeutig auf sie. In Akkord in Rot und Blau bilden die drei Grundfarben mit ihren Abstufungen und Mischungen eine ausbalancierte, rhythmische Harmonie. Nay, der seine Gemälde in Analogie zur Musik sah, begrenzte deren Farbtöne nicht: Von einem hellen Zentrum aus scheinen sie über die Bildränder hinweg zu klingen.
Karin Schick