Johann Georg Hinz

Frühstücksstillleben

Das Arrangement aus Käse, Brot, Fisch und Bier ist nicht nur als tägliche Nahrung eine Augenweide. Die schlichte Gegenwart der Dinge erinnert auch an die Vergänglichkeit des
Irdischen. Brot und Fisch – der Hering war die Fastenspeise der Armen – können auf die Eucharistie bezogen werden; der Fisch ist seit der Antike ein Zeichen für Christus. Hinz war der bedeutendste Stillebenmaler in Hamburg.
Hans Werner Schmidt
In Aufsicht erblickt man ein über eine Tischkante ragendes Holzbrett, auf dem ein in Stücke geschnittener Hering liegt. Die Schneide des Messers mit Elfenbeingriff wird vom Fisch verdeckt, der zudem mit seinem abgeschlagenen Kopf einen dunklen Schatten wirft. Links sind zwei geflochtene, in Stücke gebrochene Brezeln aufgereiht, dahinter liegt ein großer aufgeschnittener Käse, der im unteren Bereich von Schimmel befallen zu sein scheint. Auf dem Käse thront eine Schale aus chinesischem Porzellan. In der Bildmitte liegt ein Graubrot, rechts davon steht ein Tonkrug mit einem Metallverschluss, dessen glasiertes Material das Licht reflektiert. Am rechten vorderen Bildrand befindet sich eine aufgeschnittene Zwiebel. Der Raum ist nicht weiter definiert.
Die Darstellung entspricht einer in der Realität möglichen Mahlzeit, wie sie zum Beispiel in Hamburg als Nachtisch aufgedeckt worden sein kann.
Sie wurde jedoch nicht nach einem realen Vorbild gemalt, sondern vorwiegend aus Detailmotiven von Haarlemer ontbijtjes für das Gemälde konstruiert. Diese Darstellung einer Mahlzeit hat keinen literarisch-allegorischen Symbolgehalt, da auf ihr keine über das Bekannte – der Hering etwa als Fastenspeise – hinaus symbolisch auslegbaren Details vertreten sind. Sie war zudem nicht dazu bestimmt, zu Tische zu laden, sondern diente wie der überwiegende Teil der Haarlemer Mahlzeit-Stillleben lediglich der Augenweide. M. S.

AUSST.: La Nature-morte hollandaise, bearb. v. Eugenia Zarnowska, Palais des Beaux-Arts, Brüssel 1929, S. 15,
Nr. 45, Taf. 56; Deutsche Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz 1966, S. 37 f., Nr. 26 (Text v. Wolfgang J. Müller); Christoph Heinrich, Georg Hinz. Das Kunstkammerregal, Hamburger Kunsthalle 1996, S. 10 f., 51, Abb. S. 11.
LIT.: Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1909, Hamburg 1910, S. 11; Katalog 1918, S. 56; Katalog 1921,
S. 68; Katalog 1930, S. 63 f.; Antonius Vorenkamp, Bijdragen tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in
de zeventiende eeuw, Leiden 1933, S. 52; Rudolf Arthur Peltzer, Georg Hinz (Hainz), der Pseudo-B.(arend) van der Meer, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst N. F. 11, 1934, S. XI; Horst Gerson, Ausbreitung und Nachwirkung der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Haarlem 1942, S. 221; Nicolaas Rudolph Alexander Vroom, De schilders van het monochrome banketje, Phil. Diss. Amsterdam 1945, S. 124, 206, Nr. 130; Katalog 1956, S. 73; Katalog 1966, S. 76; Meisterwerke 1969, o. S., Abb. 111; Karin Bastian, Georg Hinz und sein Stillebenwerk, Phil. Diss. Hamburg 1984, S. 61, 248, Nr. 1; Meisterwerke 1994,
S. 226, Farbabb. S. 49.

Details zu diesem Werk

Leinwand 80cm x 74.5cm (Bild) 97.5cm x 92cm (Rahmen) Erworben 1909 Inv. Nr.: HK-437 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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