Martin Ferdinand Quadal

Lehman Ruben, 1796

Der Wechselmakler Lehman Ruben (hebr. Jacob Lima ben Ruben Renner, gest. 1803) gehörte einer seit dem 17. Jahrhundert in Hamburg ansässigen jüdischen Familie an. In zweiter Ehe heiratete er 1772 seine Cousine Mindel Zacharias, deren Bildnis von Quadal (Inv. 423) das Gegenstück zu Inv. 422 bildet. Ruben sitzt leicht nach links vor einem Holztisch, einen Brief mit oben zitierter Aufschrift in der Linken, und trägt einen dunklen Rock über einer gelben, mit orangefarbenen Punkten gemusterten Weste.
In den 1790er Jahren beanspruchten zumindest die wohlhabendsten Angehörigen der jüdischen Gemeinde Hamburgs, damals der größten in Deutschland, eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Stadt, von dem sie noch immer ausgegrenzt waren.1 Das Bildnis des Lehman Ruben ist im Zusammenhang dieser Emanzipations- und Assimilationsbestrebungen zu sehen. Nichts deutet auf die Angehörigkeit zur jüdischen Gemeinde hin, sondern Ruben ist als ein typischer Angehöriger der unternehmerischen Oberschicht Hamburgs dargestellt. Vergleichbar sind Quadals zeitgleich entstandene Portraits der Makler Hermann Friedrich Goverts und Georg Heinrich Sieveking.2
Quadals lockere, abgesehen von der tonig durchgearbeiteten, jovial geröteten Gesichtspartie eher undifferenzierte Malweise ergänzt die ungewöhnliche Klarheit und Frische der Farben. Besonders mit der auffällig gemusterten Weste ist ein modischer Kontrapunkt gesetzt zur soliden Schwere des Geschäftsmannes. G. W.

1 Siehe A. Herzig, Die Juden in Hamburg 1780-1860, in: ders. (Hrsg.), Die Juden in Hamburg 1590 bis 1990, Hamburg 1991, S. 61-75.
2 Lw., 75,1 x 61,2 cm, 1796, Museum für Hamburgische Geschichte, Inv. 1945/93; siehe Jaacks 1992, S. 169, Abb. – Lw.,
70 x 54 cm, Slg. Friedrich B. Sieveking, Berlin; vgl. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. 200 Jahre Revolution in Deutschland, Ausst.-Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 1989, S. 362, Nr. 205, Abb. (Text v. V. Braunfels).

AUSST.: Einführung 1905, S. 80, Nr. 400; Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875, 2 Bde., Nationalgalerie, Berlin 1906, Bd. 1, S. 7, Abb.; Bd. 2, S. 434, Nr. 1364; Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1650-1800, Residenzschloss Darmstadt 1914, S. 119, Nr. A 519.
LIT.: Lichtwark 1898, Bd. 2, S. 22 f.; Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1898, Hamburg 1899, S. 49; Katalog 1918, S. 129; Katalog 1921, S. 134; Pauli 1925,
Taf. 9; Katalog 1930, S. 124; Katalog 1956, S. 122; Katalog 1966, S. 127; Andrea M. Kluxen, Das Ende des Standesporträts, Phil. Diss. Erlangen-Nürnberg 1988, München 1989, S. 131 f., Abb. 47.

Details zu diesem Werk

Leinwand 75.5cm x 61cm (Bild) 91.5cm x 76.5cm (Rahmen) Inv. Nr.: HK-422 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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