Gabriel Metsu

Jäger bei der Rast

Ein Jäger hat sich unter einer Eiche zur Rast niedergelassen. Den rechten Arm bequem aufgestützt, hält er in der Linken ein erlegtes Rebhuhn in die Höhe. Neben ihm Gewehr, um das der Gürtel einer Jagdtasche geschlungen ist, und ein Samtbarett; auf dem Boden liegt ein Jagdhorn mit Schießpulver. Der Jäger trägt einen roten, an den Ärmeln geknöpften Überrock, ein weitgebauschtes Linnenhemd, eine an den Knien geschlitzte Hose und Stulpenstiefel. Das Privileg der Jagd stand in Holland nur den Reichen und Mächtigen zu.
Metsu hat das Motiv des rastenden Jägers mehrfach aufgegriffen. Ein Gemälde in Amsterdam zeigt einen Jäger in einer Stube, der einer jungen Frau mit der gleichen Geste einen toten Vogel überreicht.3 Diese Übergabe eines Vogels deutet De Jongh mit Hinweis auf die zeitgenössische Emblematik als Ausdruck sexuellen Begehrens;4 die Übertragung dieser Bedeutung auf Inv. 378 bleibt allerdings fraglich.5
Auf Metsus Gemälde in der Wallace Collection hat ein schlafender Jäger dieselbe entspannte Haltung eingenommen, seine Jagdbeute hängt an einem Baum.6 Pose und Gesichtszüge gleichen dem Bildnis eines jungen Mannes von 1661 (1664?).7 Inv. 378 dürfte ebenfalls um 1660/61 in Amsterdam gemalt worden sein. Robinson vermutet, der Rastende Jäger von Arie de Vois in Den Haag gehe auf Metsu zurück.8

Thomas Ketelsen 2001

1 Vgl. H. Mireur, Dictionnaire des ventes d'art, 7 Bde., Paris 1901-1912, Bd. 5, S. 167, »Le repos du chasseur, 2.900 f.«.
2 Ebd., S. 168. Im Verst. Kat., S. 49, der Hinweis: »Provenant de l'ancienne collection M Docteur Le Roy, et ensuite de la Vente D'Aigremont.«
3 Lw., 51 x 48 cm, bez. G. Metzu, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. C 177; Katalog Amsterdam 1976, S. 379. Vgl. Metsus Besuch eines Jägers in den Uffizien, Inv. 44.147; Katalog Florenz 1989, S. 300-302.
4 E. de Jongh, Erotica in Vogelperspectief. De dubbelzinnigheid van een reeks 17de eeuwse genrevoorstelling, in: Simiolus
3, 1968/69, S. 22-74, bes. 35-43. Die metaphorische Bedeutung des Wortes vogelen kommt in dem Kupferstich eines anonymen deutschen Malers vom Beginn des 17. Jhs. zum Ausdruck; der Darstellung einer jungen Frau mit einem Jäger ist die Erklärung beigefügt: »Ich hab ein Fuchs und Vögl beij mir, / So ihr wolt, könd ihrs haben hier, // Beij mir Seijdt ihr woll empfangen, / Nach Vögeln hab ich stets verlangen« (zit. nach E. de Jongh 1968/69, S. 43).
5 Zur möglichen sexuellen Bedeutung des Gewehrs siehe ebd., S. 34, zum Hund als Sinnbild der Lüsternheit ebd., S. 41.
6 Lw., 40,3 x 34,9 cm, Wallace Collection, London, Inv. P 251; Katalog London 1992, S. 205-207.
7 Holz, 23 x 22 cm, ehem. Slg. A. de Ridder; Robinson 1974,
S. 79, Anm. 52, S. 210, Abb. 185.
8 Holz, 29 x 22 cm, Mauritshuis, Den Haag, Inv. 204; Katalog Den Haag 1993, S. 155; Leidse Fijnschilders: Van Gerrit Dou tot Frans van Mieris de Jonge 1630-1670, bearb. v. E. J. Sluijter, Ausst. Kat. Stedelijk Museum De Lakenhal, 1988, S. 255-257, Nr. 91, mit Hinweis auf Inv. 378 als »inspiratiebron«. Vgl. auch De Vois' Rastenden Jäger, Puschkin-Museum, Moskau, Inv. 2086; Gollandija XVII-XIX veka. Sobranie zivopisi, bearb. v. M. Senenko, Moskau 2000, S. 108, Nr. 87. H.-J. Raupp deutet die Geste auf De Vois' Gemälde als Ausdruck der Überwindung »sexueller Begierde«, vgl. Untersuchungen zu Künstlerbildnis und Künstlerdarstellung in den Niederlanden im 17. Jahrhundert (Phil. Diss. Bonn 1979), Hildesheim u. a. 1984, S. 257. Gegen die Überinterpretation des Motivs wandte sich P. Hecht, in: De Hollandse fijnschilders, Van Gerard Dou tot Adriaen van de Werff, Ausst. Kat. Rijksmuseum, Amsterdam 1989, S. 230-233, Nr. 49-50; vgl. die Erwiderung Sluijters, Over fijnschilders en »betekenis«, in: Oud Holland 105, 1991, S. 57.

Lit.: Leithäuser 1889, S. 56 f.; Hofstede de Groot, Bd. 1, 1907, S. 323, Nr. 222; Katalog 1918, S. 106 f.; Katalog 1921, S. 111 f.; Katalog 1930, S. 105; Katalog 1956, S. 108; Katalog 1966, S. 113; Franklin W. Robinson, Gabriel Metsu (1629-1667), New York 1974, S. 30, 118, Abb. 35.

Details zu diesem Werk

Eichenholz 50cm x 38.5cm (Bild) 73cm x 63cm (Rahmen) Inv. Nr.: HK-378 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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