Georg Ludwig Eckhardt

Selbstbildnis

Vor einer Staffelei im Hintergrund sitzt der junge Künstler in olivfarbenem Rock, schwarzer Seidenweste und Hut sowie einem aufwändig geknoteten Halstuch. In der Rechten hält er ein Buch; der Arm ruht auf einem Postament, auf dem drei Zeichnungen und ein Pinsel liegen. Im Hintergrund eine rote Draperie.
Die Zurschaustellung von Attributen der Gelehrsamkeit, der Zeichenkunst als Grundlage und des Pinsels als ausführendes Werkzeug der Malerei gehören zur älteren Ikonographie der Selbstdarstellung als Pictor doctus. Ähnlich ausgestattet ist der Hamburger Pädagoge Johann Heinrich Röding in einem Stich nach einer Vorlage Eckhardts (vgl. auch Inv. 354).2 Die starre Haltung und die für Eckhardt eher untypische geschlossene Faktur, die seinem 1790 datierten Portrait des Nicolaus Anton Kirchhof entspricht,3 lassen im Selbstbildnis ein vielleicht noch früheres Werk vermuten.
Eine Radierung von Andreas Stöttrup, der mehrfach nach Vorlagen Eckhardts arbeitete, reduziert Inv. 355 spiegelbildlich auf ein Brustbildnis im Oval.4 Eine genaue Kenntnis von Inv. 355 setzt dagegen Philipp Otto Runges Portrait seines Bruders Daniel voraus, wie bereits Traeger bemerkte.5 Runges vermutlich 1804/05 entstandenes Bildnis hält sich eng an Eckhardts Selbstportrait; die einzige größere Abweichung ist der auf dem Tisch aufliegende und sichtlich verzeichnete linke Arm. Möglicherweise geht die Wahl dieses Vorbildes auf den portraitierten Daniel Runge zurück, der mit Eckhardt gut bekannt war.6
Als Zeichen der Anerkennung Eckhardts, der als Vorläufer der Hamburger Malerei der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet wurde, hing Inv. 355 später im Versammlungszimmer des 1832 gegründeten Hamburgischen Künstlervereins.7 G. W.

1 Vgl. Hamburgisches Künstler-Lexikon, Hamburg 1854, S. 60 f.
2 Radierung und Aquatinta, 13,2 x 7,4 cm, bez. L. Eckhardt pinx:, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv. 29329; siehe Lichtwark 1898, Bd. 1, S. 51, Abb.
3 Lw., 127 x 103,2 cm, dat. 1790, Museum für Hamburgische Geschichte; siehe Jaacks 1992, S. 72, Abb.
4 Vernis mou, 21,6 x 18,8 cm, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv. 48565.
5 Lw., 77,5 x 61 cm, Hamburger Kunsthalle, Inv. 1011; siehe Traeger 1975, S. 475, Nr. 525.
6 Siehe ebd., S. 31, und G. Berefelt, Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition, Stockholm 1961, S. 51 f.
7 Vgl. Hamburgisches Künstler-Lexikon (wie Anm. 1), S. 61.


AUSST.: Einführung 1905, S. 70, Nr. 333.
LIT.: Verzeichnis 1866, S. 16, Nr. 63; Alfred Lichtwark, Kunsthalle zu Hamburg. Zur Wieder-Eröffnung am 23. Dezember 1890, München 1890, S. 18; Lichtwark 1898, Bd. 1, S. 51, Bd. 2, S. 19; C. Rotte, Die bildende Kunst, in: Hamburg um die Jahrhundertwende 1800, Hamburg 1900, S. 187; Katalog 1918, S. 43; Katalog 1921, S. 44; Katalog 1930, S. 41f.; Katalog 1956, S. 54; Katalog 1966, S. 56; Jörg Traeger, Philipp Otto Runge und sein Werk, München 1975, S. 31, Abb. 2.

Details zu diesem Werk

Leinwand 75.4cm x 61.5cm (Bild) x (Rahmen) Inv. Nr.: HK-355 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Georg Ludwig Eckhardt