Fritz Flinte
Selbstbildnis, 1930/1932
Nach der Ausbildung zum Drechsler und einer Tätigkeit als Dekorationsmaler kam Fritz Flinte erst mit 25 Jahren in den Genuss einer Kunstausbildung. Auf Vermittlung von Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark studierte er von 1901 bis 1905 an der Stuttgarter Akademie, wo er in Berührung mit dem Impressionismus kam. Nach dem Kriegsdienst, der lebenslange gesundheitliche Folgen für ihn hatte, etablierte sich Flinte endgültig in der Kunstszene Hamburgs: Er trat in verschiedene Vereinigungen ein und war auch Mitbegründer der Sezession, mit der er regelmäßig ausstellte.
Trotz dieser Präsenz galt Flinte, der unterstützt von seiner Familie asketisch lebte, als Eigenbrötler. Seine favorisierten Motive – das Selbstbildnis und das von Paul Cézanne inspirierte Stillleben mit Äpfeln oder Totenköpfen – förderten diesen Eindruck noch. Um 1930 malte Flinte dieses ausdrucksstarke Selbstporträt als eine von drei Fassungen: Ein langer schwerer Kittel umhüllt die kleine, schmächtige Gestalt, die Pinsel und Mallappen in Händen hält. Der Maler zeigt sich aber nicht in Aktion an der Staffelei, sondern frontal als stummes Gegenüber. Seine Augen scheinen auf die Betrachtenden gerichtet, während der Mund verborgen bleibt. In einem Wirbel locker und kraftvoll gesetzter Pinselstriche wird die Figur von dunklen Konturlinien sowohl zusammengehalten als auch von ihrem Umraum abgegrenzt: Heißt Künstler sein allein, ganz bei sich sein?
Erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1961, erhielt Fritz Flinte mit dem Edwin-Scharff-Preis die Anerkennung als prägender Künstler seiner Heimatstadt.
Karin Schick