
Lovis Corinth
Vierwaldstättersee am Nachmittag, 1924
Im Anschluss an den Besuch seiner Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich im Mai 1924 reiste Lovis Corinth mit seiner Frau Charlotte Berend-Corinth nach Luzern. Dort malte er mit Blick aus dem traditionsreichen, direkt am Wasser gelegenen Hotel Schweizer Hof zwei Ansichten des Vierwaldstättersees zu unterschiedlichen Tageszeiten, eine am Vor- und die andere am Nachmittag. Die Gemälde waren ursprünglich als Pendants konzipiert und wurden 1925 von der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München erworben; nur die Variante der Nachmittagsansicht fand später Eingang in die Sammlung der Hamburger Kunsthalle. Anders als in der farbenreicheren Vormittagsvariante dominieren im Nachmittagsbild verschiedene, mit lockerem Pinselstrich aufgetragene Blautöne, und es lassen sich nur wenige gelbe und rote Farbspuren in der vibrierenden Komposition ausmachen. Der ursprüngliche, vermutlich noch von Corinth vergebene Titel »Vierwaldstättersee« entspricht der noch heute geltenden Bezeichnung des Gewässers. Zu Beginn der 1950er Jahre war der Titel des Hamburger Gemäldes – wohl durch eine wortgetreue Übersetzung der amerikanischen Bezeichnung des Sees (»Lake Lucerne«) –, fälschlich in »Luzerner See am Nachmittag« geändert worden.
Marcus Andrew Hurttig/Inga Dreesen
Details zu diesem Werk
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Beschriftung: Unten rechts signiert und datiert: Lovis Corinth 1924
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Berend-Corinth 951,
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Lovis Corinth (1858-17.7.1925), 1924 - 17.7.1925 (1); Charlotte Behrend-Corinth (25.5.1880-10.1.1967), Berlin, 17.7.1925 - 24.12.1925 (2); Ankauf von dort durch die Königliche Bayerische Staatsgemäldegalerie (heute: Neue Staatsgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlung), München, 24.12.1925 - 9.7.1937 (3); Beschlagnahme durch die Kommission "entartete" Kunst und Übergang in das Eigentum des Deutschen Reichs / Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin (4); Ausstellung "Entartete Kunst", München, Hofgarten-Arkaden, 19.7.-30.11.1937 (5); Deponierung im Lager "international verwertbarer" Kunstwerke, Depot Schloß Schönhausen, Berlin, August 1938 - 12.6.1939 (6); Verkauf an Kunsthändler Karl Buchholz (26.8.1901 - 6.1.1992), Berlin, 12.6.1939 (7); Kunsthändler Karl Buchholz, Berlin, 12.6.1939 - ##.##.1939 (8); vermutl. Ankauf von dort durch den Königlichen ungarischer Generalkonsul für Norwegen in Oslo, Peter Mathias Röwde (1876 - 1955), Oslo, 1939 - 1951 (9); Galerie Rudolf Hoffmann (1886-1966), Hamburg, ##.##.1951 - 29.8.1951 (10); Ankauf mit Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung, 29.8.1951 (11)
1) Noch zu belegen.
2) Dagmar Lott-Reschke 1987, S. 189, Schuster 1987, S. 158 und Rückseitenbefund. Die Ankaufssumme betrug 11.000,00 Reichsmark (RM).
3) Die dortige Inv.-Nr. lautet: 9333. Dagmar Lott-Reschke 1987, S. 189 und Rückseitenbefund
4) Rückseitenbefund. Das Werk erhielt die EK-Nr. 16155. Die Beschlagnahmung wurde durch das nachträglich erlassene „Gesetz über Einziehung von Produkten entarteter Kunst“ vom 31.05.1938 entschädigungslose Einziehung zugunsten des Deutschen Reiches legitimiert. Siehe auch Dagmar Lott-Reschke 1987, S. 189 und Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin, http://emuseum.campus.fu-berlin.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=111950&viewType=detailView (zuletzt 30.3.2020).
5) Das Werk wird an die Stelle gehängt, an der zuvor Franz Marcs "Turm der blauen Pferde" in Raum 6 gehangen hatte. Siehe Dokumentation, S. 189. Laut Zuschlag 1995, S. 240 war das Corinth'sche Gemälde nur in der Münchener Ausstellung zu sehen.
6) Liste, Bestand in Schönhausen, 1939, Händlerakte Gurlitt, Bundesarchiv, Berlin, R55/21015, Bl. 29, Nr. 120. Siehe: Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin, http://emuseum.campus.fu-berlin.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=111950&viewType=detailView (zuletzt 30.3.2020). Siehe auch Dagmar Lott 1987, S. 189 und Barron S. 62 f. (nochmal prüfen).
7) Der Ankaufspreis betrug 300,00 Pfund. Siehe Liste zu Kaufverträgen des Propagandaministeriums mit Karl Buchholz, 12.06.1939, Händlerakte Buchholz, Bundesarchiv, Berlin, R 55/21017 aus Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin, http://emuseum.campus.fu-berlin.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=111950&viewType=detailView (zuletzt 30.3.2020).
8) Ergibt sich aus vorangegangener und nachfolgender Provenienz.
9) Schreiben von Hilde Glenewinkel, Hamburg in: HAHK: Slg. 1 1947/1952 Ankäufe für die Galerie auch Akte: Liebermann.
10) Eintrag im Gemälde-Inventarbuch. Jedoch keine Unterlagen in HAHK: Slg 1 1947/1952 Ankäufe für die Galerie auch Akte: Liebermann.
Rudolf Hoffmann (1886-1966), der unter Erwin Panofsky am Hamburger Kunstgeschichtlichen Seminar studiert hatte, gründete dort seine Galerie 1946, die er bis zu seinem Tod leitete. Seine Ehefrau Wilhelmine Hoffmann (geb. Helle Brüns) übernahm ab 1966 diese Aufgabe. Die Hamburger Kunsthalle erwarb von der Galerie im Zeitraum von 1948 bis 1958, nach heutigem Stand (30.3.2020), 36 Kunstwerke (Zeichnungen, Gemälde, eine Medaille und Skulpturen). Sie stammen hauptsächlich von den Vertretern der deutschen Klassischen Moderne: Lovis Corinth (1), Ernst Ludwig Kirchner (9), Gerhard Marcks (5), Ewald Mataré (1), Otto Mueller (1), Edvard Munch (1), Emil Nolde (7), Karl Schmidt-Rottluff (1), Gustav Seitz (1), Gustav Heinrich Wolff (1). Bis auf vier Werke von Gerhard Marcks, die nach 1945 entstanden sind, datieren sie zwischen 1905 und 1935. Hinzu kommen sieben Werke Pablo Picassos aus den Jahren 1945 bis 1953. Somit bot offenbar die Galerie Rudolf Hoffmann gute Ware, womit der erste Direktor der Hamburger Kunsthalle nach Kriegsende Carl Georg Heise (tätig von 1945 bis 1955) und sein Nachfolger Alfred Hentzen (tätig von 1955 bis 1969) den durch die Beschlagnahmeaktion „entartete“ Kunst stark dezimierten Bestand der Kunsthalle neu ausrichten und gleichzeitig mit den Arbeiten Picassos die Präsenz in die zeitgenössische und internationalen Moderne angehen konnten. Siehe auch zur Galerie: http://www.galerie20.smb.museum/kunsthandel/K32.html (zuletzt 30.3.2020).
11) Eintrag im Gemälde-Inventarbuch. Hier mit dem Titel "Luzerner See am Nachmittag". Die Ankaufssumme betrug 9.000,00 Deutsche Mark (DM).
Stand: 30.3.2020, Ute Haug; 4.3.2024, Ute Haug
Status: ungeklärt, unbedenklich.
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Hamburger Kunsthalle. Meisterwerke der Gemälde-Galerie, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1969, S. 443, Abb. S. Nr. 323, Abb.-Nr.
Deutsche Impressionisten, Hans Platte, 1971, S. 59, 124, 137, Abb. S. Nr. 100, Abb.-Nr.
Der deutsche Impressionismus. Die Hauptmeister in der Malerei, Karl Römpler, 1959, Abb. S. Taf. 68, Abb.-Nr.
Entartete Kunst. Bildersturm vor 25 Jahren; Haus der Kunst München, 1962, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 28 (mit Abb.)
Verkannte Kunst; Städtische Kunsthalle Recklinghausen (11. Ruhrfestspiele), 1957, Abb. S. Nr. 27, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 27
Neue Erwerbungen der Hamburger Kunsthalle 1945-1955; Hamburger Kunsthalle, 1955, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 42
Katalog der Meister des 20. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Helga Hofmann u. Janni Müller-Hauck, 1969, S. 25, Abb. S. S. 25, Abb.-Nr.
Malerei des XX. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle. Bilderhefte der Hamburger Kunsthalle II/III, Alfred Hentzen, 1960, S. 7, 23, Abb. S. S. 43, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 3
Lovis Corinth. Zum 100. Geburtstag; Kunsthalle Bremen, 1958, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 51
Ausstellung Lovis Corinth. 1858-1925. Aus Anlaß seines 100. Geburtstages; Schloss Charlottenburg, Berlin, 1958, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 68
Lovis Corinth. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und druckgraphische Zyklen; Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 1976, Abb. S. Taf. 47, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 94
Lovis Corinth. Die Bilder vom Walchensee. Vision und Realität; Ostdeutsche Galerie Regensburg u. Kunsthalle Bremen, 1986, S. 30, Abb.-Nr.
Lovis Corinth, Gert von der Osten, 1955, S. 126, 192, Abb. S. S. 127, Abb.-Nr.
Lovis Corinth, Georg Biermann, 1925, Abb. S. [S. 6], Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen 1951-1957, Alfred Hentzen, 1958, S. 156-157, Abb., Abb.-Nr.
Lovis Corinth. Die Gemälde. Werkverzeichnis, Charlotte Berend-Corinth u. Béatrice Hernad, 1992, Abb. S. S. 867/Nr. 951, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 951
Lovis Corinth und die Hamburger Kunsthalle, Ulrich Luckhardt, 1997, S. 14, 38, 47, Abb. S. Nr. 31, Abb.-Nr.
Führer durch die Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Carl Georg Heise, 1955, S. 57, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. o. Nr.
Lovis Corinth. Ausstellung von Gemälde und Aquarellen zu seinem Gedächtnis; Nationalgalerie, Berlin, 1926, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 399
Die Gemälde von Lovis Corinth. Werkkatalog, Charlotte Berend-Corinth, 1958, Abb. S. S. 837/Nr. 951, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 951
Lovis Corinth, Herausgeber: Peter-Klaus Schuster, Christoph Vitali und Barbara Butts; Haus der Kunst München u. a., 1996, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. S. 295/Nr. 172 (mit Abb.)
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"Entartete Kunst". Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland, Herausgeber: Stephanie Barron; Los Angeles County Museum of Art u. a., S. 62, 223, Abb. S. S. 221/Nr. 187, Abb.-Nr.
Katalog der 1937 in der Neuen Staatsgalerie beschlagnahmten Werke, Dagmar Lott, 1987, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. S. 189/Nr. 20
Internationale Kunstausstellung (Kleines Verzeichnis); Kunsthaus Zürich, 1925, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 82
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Die Gemälde der Klassischen Moderne, Hurttig, Marcus Andrew, 2010, S. 110, Abb., Abb.-Nr.
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Geschichte der Hamburger Kunsthalle, Alfred Hentzen, 1966, S. 44, Abb.-Nr.
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Gedächtnisausstellung Lovis Corinth; Galerie Caspari, München, 1925, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 23
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Münchens Neue Staatsgalerie im Dritten Reich, Dagmar Lott; Herausgeber: Peter-Klaus Schuster, 1987, S. 291, Abb. S. S. 289 u. S. 291, Abb.-Nr.
Liebermann-Corinth-Slevogt. Die Landschaften., Herausgeber: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, 2010, S. 172, Abb. S. 173, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 60
Kunst des 20. Jahrhunderts., Herausgeber: Ingo F. Walther, 1998, S. 11, Abb. S. S. 11, Abb.-Nr.
Internationale Kunstausstellung; Kunsthaus Zürich, 1925, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 82
Lovis Corinth (1858-1925). Entre Impressionnisme et Expressionnisme; Musée d’Orsay, Paris, 2008, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 75 (mit Abb.)
Degenerate Art. The Attack on modern art in Nazi Germany 1937, Olaf Peters; Neue Galerie New York, 2014, Abb. S. 68, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 14
Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Alfred Hentzen, Helmut R. Leppien, Wolfgang Stubbe; Herausgeber: Helmut R. Leppien und Heinz Spielmann, 1967, S. 172, Abb.-Nr.
Klassische Moderne, Ketterer Kunst GmbH & Co. KG; Herausgeber: Auktionshaus Ketterer; München, 2018, S. 98-101, Abb. S. 101, Abb.-Nr.
Impressionismus. deutsch -französische Begegnung, Markus Bertsch, Karin Schick, Andreas Stolzenburg, Jasper Warzecha; Herausgeber: Markus Bertsch und Karin Schick für die Hamburger Kunsthalle, 2021, S. 99, Abb. S. 113, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 39
Öl auf Leinwand 57cm x 75cm (Bild) 76cm x 96.5cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben 1951 Inv. Nr.: HK-2934 Sammlung: Klassische Moderne © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford
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