Jes Bundsen

Innenansicht der St. Johannis-Kirche in Hamburg, 1819

Blick in das spärlich besuchte Hauptschiff der 1829 abgetragenen Hamburger St. Johanniskirche während einer Andacht. Mittig der durch Streiflicht erleuchtete Lettner, links davon und ebenfalls im Licht der von der Kanzel predigende Geistliche.

Die Kirche gehörte zu einem 1529 aufgehobenen Dominikanerkloster, dessen Gebäude zunächst die Gelehrtenschule des Johanneums und seit dem 17. Jahrhundert auch das Akademische Gymnasium und die Stadtbibliothek beherbergten.1 Seither war die Nutzung der Kirche für Gottesdienste bereits stark eingeschränkt. Man schloss mit mehreren Buchhändlern Verträge über die Umgestaltung der Kapellen. Im Juli 1813 wurde sie schließlich durch französisches Militär in ein Magazin umgewandelt.2 Die Inneneinrichtung wurde entfernt und ein Zwischenboden eingezogen. Nach der Befreiung wurde der Bau bis zum Abriss 1829 als Exerzier- und Turnhalle genutzt.

"Die Abbildung des Inneren von Kirchen" galt als Bundsens besondere Stärke.3 Anders als die Maler niederländischer Kirchenbilder des 17. Jahrhunderts, in denen reale Innenräume oft zugunsten kompositorischer Wirkung verfremdet oder frei kombiniert wurden,4 weicht Bundsen nur in wenigen Details von der Realität ab. Besonders die Gewölberippen sind vereinfacht wiedergegeben und nur in einer weiteren Innnenansicht der St. Johanniskirche von Bundsen (Inv. 294) korrekt dargestellt. Auch die zwischen den Pfeilern eingezogenen eisernen Querstreben fehlen.

In der oberen Bildzone schimmern Figuren eines Historiengemäldes durch die Malschicht; für die Übermalung durch das Kirchenbild wurde die Holztafel um 90° gedreht.

G. W.
1Grundlegend zur Geschichte der Kirche ist C. F. Gaedechens [u.a.], Das St. Johannis Kloster in Hamburg, Hamburg 1884; vgl. auch Ruth Schliemann, Die Bettelordensklöster St. Maria-Magdalena und St. Johannis, Hamburg, Hamburg 2002, URL: http://www.baufachinformation.de/literatur.jsp?dis=03059005060 (12.11.2007).
2 Siehe J. A. R. Janssen, Ausführliche Nachrichten über die sämmtlichen evangelisch-protestantischen Kirchen und Geistlichen der freyen und Hansestadt Hamburg, Hamburg 1826, S. 125.
3 Hamburgisches Künstler-Lexikon, Hamburg 1854, S. 30.
4 Am Beispiel Saenredams untersucht von A. de Groot, De Utrechtse kerkgezichten van Pieter Saenredam en het probleem van hun betrouwbarkeit, in: L. M. Helms (Red.), Pieter Saenredam. Het Utrechtse werk, Ausst.-Kat., Centraal Museum, Utrecht 2000, S. 17-49.


AUSST.: Kopenhagen-Hamburg-Altona. Künstlerische Beziehungen 1750-1850, bearb. v. Knud Voss, Altonaer Museum Hamburg 1968, S. 30, Nr. 7.
LIT.: Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1904, Hamburg 1905, S. 28; Katalog 1918, S. 24; Katalog 1921, S. 24; Katalog 1930, S. 22f.; Hildamarie Schwindrazheim, Aus den Anfängen altonaischen Kunstlebens, in: Nordelbingen 13, 1937, S. 380; Katalog 1956, S. 37; Katalog 1966, S. 38.

Details zu diesem Werk

Eichenholz 53.7cm x 44.6cm (Bild) Inv. Nr.: HK-293 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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