Otto Dix
Mutter und Kind (Frau mit Säugling), 1924
Nach traumatischen Jahren an der Kriegsfront begann für Otto Dix 1919 mit dem Kunststudium in Dresden und Düsseldorf eine erfolgreiche Zeit: Er fand Künstlerfreunde und Galeristen, stellte seine Werke aus und erregte Aufsehen mit ihnen. Rasch avancierte er zum Protagonisten einer schonungslos realistischen Malerei, die als „Neue Sachlichkeit“ bekannt wurde. Dix wandte sich der Nachkriegswirklichkeit zu, zeigte Krüppel, Witwen, Spießbürger, Arbeiter und Prostituierte, aber auch den verführerischen Glanz der Goldenen Zwanziger. In einer aufwändigen, altmeisterlich anmutenden Lasurmalerei fasste er eine verstörend brüchige Gegenwart. Mit dem Motiv der schwangeren Frau oder der Mutter mit Kind bot er doppelbödige Bilder von Zukunft und Hoffnung. In diesem Gemälde präsentiert sich eine Frau mit filigranem Haarkamm, besticktem Kragen und vollen Brüsten. Der Himmel leuchtet blau, Pflanzen wachsen empor. Schaut man genau, sitzt die Mutter vor Ruinen. Ihre versehrten Hände halten ein von Krankheit gezeichnetes Kind, ihr Blick geht in die Ferne.
Karin Schick