Otto Wagenfeldt

Der Tod, 1649

Die um 1649/1650 erbauten Orgelemporen der Jacobi-Kirche waren ursprünglich mit über 50 Gemälden geschmückt. Eins davon befinden sich seit 1906 als Leihgabe von St. Jacobi in der Kunsthalle, Der Tod. Das Bild, das eine Sterbende zeigt, deren Seelenheil keineswegs gesichert ist, wird von den religiösen Auseinandersetzungen der nachreformatorischen Zeit bestimmt. Gerade noch wurde der Kranken aus der Bibel vorgelesen, da tritt der Tod an sie heran, entreißt ihr den Atem, der, als weißer Hauch durch seinen Mund gesogen, nach oben fährt und sich mit dem Licht einer Engelserscheinung vereinigt. Vom Teufel bedroht, der die Gesetzestafeln des Alten Bundes empor hält und damit auf die Höllenqualen anspielt, die der Mensch dem vorreformatorischen Glauben nach im Fegefeuer zu erleiden hat, wendet sich die Sterbende in ihrer Qual Christus als Sieger zu. Dieser ist erschienen mit der Auferstehungsfahne und den Gesetzen des Neuen Bundes, den Gott durch Christi Erlösertod mit den Menschen schloss. Wagenfeldt verwandelt hier Rembrandts Darstellung des „Marientod“ (Bartsch 99) aus dem Jahr 1639 in ein protestantisches Erbauungsbild, indem er den Teufel als Versucher und Christus als Überwinder einfügt. Der Tod mit der Seelenwaage beugt sich über den Sterbenden, der sich jedoch eindeutig Christus zuwendet und damit die richtige Entscheidung getroffen hat. Christus selbst erscheint als Auferstandener über einem Gerippe mit den Tafeln des Alten Bundes vor dem aufgeschlagenen Neuen Testament, während der Teufel rechts ebenfalls die Gesetzestafeln hochhält. Wagenfeldt übernimmt den Blickwinkel von Rembrandts Darstellung mit der auf dem Bett unter dem Baldachin liegenden Gestalt des Sterbenden sowie die Rückengestalt des Lesenden mit dem Turban im Vordergrund. Das Motiv geht zurück auf die Erbauungsbücher des 15. Jahrhunderts, wie der Ars Moriendi, die den Gläubigen zur Vorbereitung auf den Tod dienten.

Details zu diesem Werk

Leinwand 76.8cm x 55.2cm (Bild) 93cm x 71cm (Rahmen) Dauerleihgabe der St. Jacobi Kirche, 1906 Inv. Nr.: HK-263 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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