Dorothea Maetzel-Johannsen
Liegendes Mädchen, lesend, 1923-1924
Dorothea Maetzel-Johannsen stammte aus Lensahn in Ost-Holstein. Im Jahr 1903 wurde sie auf der Gewerbeschule für Mädchen in Hamburg als Zeichenlehrerin ausgebildet – andere künstlerische Ausbildungen waren damals für junge Frauen nicht möglich, da sie noch nicht an den staatlichen Akademien zugelassen waren. Im Jahr 1910 heiratete sie den Hamburger Architekten Emil Maetzel und begann, sich als Künstlerin zu etablieren. 1919 gehörte das Paar zu den Begründer*innen der Hamburgischen Sezession.
Im Jahr 1923 erteilte Gustav Pauli auf Anregung von Oberbaudirektor Fritz Schumacher Maetzel-Johannsen den Auftrag, eine Reihe von Wandbildern für den Vorraum des großen Vortragssaals in der Hamburger Kunsthalle anzufertigen. Die Künstlerin entwickelte das Bildprogramm für die vier als Friese konzipierten schmalen Rechtecke selbstständig. Das
Modell für »Liegendes Mädchen« war Maetzel-Johannsens Nichte Annemarie. Mit ihrer ausgestreckten Haltung fügt sich die Figur plausibel in das ungewöhnliche Querformat ein. Die junge Frau ist umgeben von Papierrollen, Büchern und Heften. Links im Bild ist hinter einer Draperie eine Uhr zu sehen, die traditionell auf das unaufhaltsame Verrinnen der Zeit verweist. Rote und gelbe Tulpen in einer blauen Vase fügen sich harmonisch ins Bild ein, sind aber in ihrem voll erblühten Zustand ebenfalls als Hinweis auf die Vergänglichkeit zu verstehen.
Dorothea Maetzel-Johannsen beteiligte sich mit ihren Wandbildern an einer Sonderschau zum Thema Raumgestaltung und Wandmalerei, die der 8. Ausstellung der Hamburgischen Sezession angegliedert war.
Gabriele Himmelmann