Johann Oswald Harms

Schatzgräber, 1673

215 Schatzgräber, dat. 1673

Leinwand, 50 x 66,5 cm. Bez. unten halb links auf dem Steinquader JO. Harms fecit / 1673 (JO. ligiert). Auf der Ruine oben links die Inschrift D. C. XI., auf dem Sockel der Urne links im Vordergrund CLAVDI D / DRVS[…] / IMPERATOR.
PROVENIENZ: Erworben aus dem Kunsthandel Gebrüder Sandor, München 1932.

In den weitläufigen Ruinen eines römischen Palastes, in dem Elemente eines Triumphbogens und des Nerva-Forums erkennbar sind, heben drei Männer eine Truhe aus einem Grab. Antikisierend gekleidete Hirten stehen am Grubenrand. Links weist eine Frau mit dem Hirtenstab in die Grube, zu deren Stelle sie der von einem Mann gehaltene, aufgeschlagene Foliant geführt hat. Zwischen zwei Säulen rechts wendet sich eine weitere Hirtin mit Schweigegestus an den jungen Mann, der vor ihr steht. Mit der Rechten deutet sie auf die durchscheinende Figur eines Greises mit flüchtender oder abwehrender Geste, die früher als übermalt galt, von Frenssen jedoch als der beschworene oder dem Grab entfahrende Geist des Toten erkannt wurde.1
Hirtenidyll und Grabräuberei gehen bei Harms eine Verbindung ein, die in ähnlichen Darstellungen von Johann Heinrich Schönfeldt moralisierend einander gegenübergestellt werden: Die ehrliche Armut der Hirten stehe höher als die Beute der Grabräuber, so die Legende eines Stiches nach einer Schatzgräberdarstellung Schönfeldts.2
Eine ähnliche Komposition von 1671, das früheste bekannte Gemälde Harms’, befindet sich in Breslau.3 Im Jahr der Entstehung von Inv. 215 veröffentlichte Harms überdies eine Folge von neun Radierungen, die das Thema der Hirten inmitten von römischen Ruinen variieren.4 Eine maßgebliche Anregung dürften Ruinenlandschaften von Giovanni Ghisolfi und Viviano Codazzi (siehe dort) geboten haben, die Harms vermutlich Ende der 1660er Jahre während seines Aufenthalts in Rom sah.5 G. W.

1 Vgl. Ausst.-Kat. Hamburg 1998, S. 12.
2 Ditior est honesta paupertas quam thesauri male acquisti, Kupferstich von Georg Andreas Wolfgang nach Schönfeldt, 44 x 36 cm; siehe H. Pée, Johann Heinrich Schönfeldt. Die Gemälde, Berlin 1971, S. 230, Nr. NS 36, Abb. 213.
3 Lw., 97,5 x 158 cm, dat. 1671, Nationalmuseum, Breslau; siehe Steinborn 1976, S. 161 f., Abb. 1.
4 Alcune inventione de Ruine e Architectura, de Segnato e fato con Aqua forte, da Gio. Osvaldo harms. 1673; siehe Niemeijer 1974.
5 Ghisolfi gehörte dem Kreis um Salvator Rosa (siehe dort) an, der in der älteren Literatur irreführend als direktes Vorbild für Harms genannt wird (vgl. H. Richter, Johann Oswald Harms. Ein deutscher Theaterdekorateur des Barock, Emsdetten 1963, S. 14 f.).

AUSST.: Deutsche Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz 1966, S. 38, Nr. 27, Abb. 28 (Text v. Rüdiger Klessmann); Birte Frenssen, Von Stutzern, Philosophen und Kesselflickern. Malerei des Barock in Hamburg, Hamburger Kunsthalle 1998, S. 11 f., Farbabb. 5.
LIT.: Katalog 1956, S. 74; Katalog 1966, S. 77; Meisterwerke 1969, o. S., Abb. 118; Jan Wolter Niemeijer, Johann Oswald Harms als etser van »Alcune inventione de Ruini«, innovator of epigoon?, in: Bulletin van het Rijksmuseum 22, 1974, S. 106; Bozena Steinborn, Eine »Ruinenlandschaft« von Johann Oswald Harms, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 15, 1976, S. 161 f., Anm. 2, 7; Luigi Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma, 3 Bde., Rom 1977-1980, Bd. 2, S. 883, Abb.; Volker Plagemann, Kunstgeschichte der Stadt Hamburg, Hamburg 1995,
S. 186 f., Abb.

Details zu diesem Werk

Leinwand 50cm x 66.5cm (Bild) 62cm x 78cm (Rahmen) Erworben 1932 Inv. Nr.: HK-215 Sammlung: Alte Meister Bildnachweis: Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Johann Oswald Harms