Max Pechstein
Am Seeufer, 1910
In einer abstrahierten, in intensiven Gelb-, Rot-, Blau- und Grüntönen gemalten Landschaft steigt eine nackte Frauenfigur mit vor der Brust verschränkten Armen aus dem Wasser. Ihr überkreuzter Ausfallschritt wirkt wie erstarrt – während der linke Fuß bereits das Ufer berührt, steht der rechte noch im kühlen Nass. Im Hintergrund baden drei weitere Frauen im See. Die langen roten Schatten, die bis zur unteren Bildkante reichen, sowie der dunkle, durch seine roten Kuppen akzentuierte Horizont geben den Eindruck eines Sommerabends.
Max Pechstein, der sowohl zur »Berliner Secession« und »Neuen Secession« als auch zur Künstlergruppe »Brücke« gehörte, arbeitete 1910 gemeinsam mit den Künstlerfreunden Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel an den Moritzburger Teichen nahe Dresden. Wie die Anhänger der Lebensreformbewegung suchten die Maler in der Natur nach Ursprünglichkeit, nach unmittelbarem Erleben. In diesem Bestreben entstanden in Moritzburg zahlreiche Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von Badeszenen. Eine besondere Nähe zu Pechsteins »Am Seeufer« weisen Heckels »Badende am Teich (Moritzburg)« von 1910 sowie Kirchners »Vier Badende« von 1909/10 auf – sie zeigen, wie eng die Künstler zusammenarbeiteten.
Inga Dreesen