Franz Radziwill
Winterlandschaft, 1924
Inspiriert von der Kunst Marc Chagalls, der »Brücke« und des »Blauen Reiter« hatte Franz Radziwill seit seiner Rückkehr aus dem Krieg im Jahr 1919 erdachte Interieurs und Naturbilder mit menschlichen Figuren gemalt. Seine frühen expressiven Kompositionen schweben doppelbödig zwischen Wirklichkeit und Traum, frei geschwungene dunkle Linien umrahmen leuchtende Farbfelder. In den Folgejahren war der Maler mehr um Realismus und Details, »die kleinen Dinge«, bemüht, und so nahm die aus dem unmittelbaren Erleben gemalte Landschaft den ersten Rang in seinem Werk ein. Seit 1924 befasste er sich intensiv mit der altniederländischen und altdeutschen Kunst, 1925 unternahm er schließlich die erste von vielen Reisen in die Niederlande. Er besuchte die Museen und skizzierte vor Ort Landschaften in einem neuen, betont zeichnerischen Stil. Das im Jahr 1924 gemalte Bild »Winterlandschaft« erinnert an Seestücke der Alten Meister: An das Ufer mit einer von Bäumen durchsetzten Häuserzeile grenzt das schaumgekrönte Meer und ein weiter blauer Himmel – eine Darstellung vom Lebensraum der Küstenbewohner und zugleich ein Bild mystischer Vereinigung von Erde, Wasser und Luft.
Karin Schick