Sebastiano Ricci
Harpagus übergibt Cyrus den Hirten, 1705-10
Das Ricci aufgrund stilistischer und motivischer Merkmale zugeschriebene Gemälde zeigt eine selten dargestellte Episode aus der antiken Historie. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet von einem Traum des Mederkönig Astyages, in dem diesem prophezeit wurde, sein Enkel Cyrus werde ihm die Herrschaft nehmen. Der König befahl daraufhin seinem General Harpagus, der hier behelmt und in römisch anmutender Uniform zu sehen ist, das Kind im Gebirge auszusetzen. Harpagus übergab Cyrus jedoch einem Hirten, der gerade einen Sohn verloren hatte. Diesen nahm der General mit zum König und präsentierte ihn als Beweis der vollbrachten Tat. Ricci stellte nicht nur den Moment der Übergabe des Kindes an den bärtigen Hirten dar, der seine Arme empfangend ausstreckt. Er integrierte auch, Genremotive wie die Spinnerin unter dem Torbogen und die Unterhaltung zwischen der sich aus dem Fenster lehnenden Frau und ihrer Bekannten. Vermutlich hielt sich Ricci einige Zeit in Holland auf und kam dort mit der Genremalerei in Berührung.
Anna Heinze