Der unbekannte Herr mit langem blonden Haar sitzt neben einem Postament, das mit einem Relief geschmückt ist. Der rechte Arm ruht auf dem Stein, die linke Hand ist in die Hüfte gestemmt. Er trägt einen japanischen Schlafrock aus braun-orangefarbener Seide mit blauem Futter.2 Kein Attribut läßt auf seine Tätigkeit schließen. Hinter ihm fällt ein Brokatvorhang, in der Parklandschaft rechts steht ein Rundtempel.
Hofstede de Groot, der das Bildnis nicht in das Werkverzeichnis Netschers aufgenommen hatte, sprach sich später für die Eigenhändigkeit aus.3
Die Komposition ist charakteristisch für die seit den siebziger Jahren in Den Haag entstandenen Porträts, die Netscher im Auftrag von Patriziern, Regenten und Adligen malte. Zumeist handelt es sich um kleinformatige Bildnisse, die die Dargestellten in Dreiviertelansicht oder ganzfigurig, stehend oder sitzend zeigen. Wieseman vergleicht Inv. 183 mit einem Herrenbildnis von 1682 in Stockholm4 und schlägt eine Entstehung in der Zeit von 1680 bis 1683 vor. Möglicherweise existiert für Inv. 183, wie für viele der Bildnisse Netschers, ein Pendant mit der Ehefrau des Dargestellten.
Haltung und gestenreiches Spiel der Hände wurden vielfach von Netscher wiederholt; auch die weisende Hand auf Inv. 183 kehrt mehrfach wieder.5 Blankert spricht von vorgefertigten Kompositionen (invul-portretten), in die nur noch die Gesichter eingefügt werden mußten; auch Constantijn Netscher griff auf Kompositionen seines Vaters zurück.6

Thomas Ketelsen 2001

1 Wieseman 1996, S. 5-26; Haagse Schilders in de Gouden Eeuw, bearb. v. E. Buijsen, Zwolle 1998, S. 218-223, 332.
2 Vgl. A. M. Lubberhuizen-van Gelder, Japonsche Rocken, in: Oud Holland 62, 1947, S. 137-151. Durch die Holländisch-Ost-Indische-Gesellschaft gelangten diese Röcke aus Japan nach Holland.
3 Briefl. Mitt. vom 8. 8. 1915 (laut Katalog 1918).
4 Wieseman 1996, S. 457, Nr. 196.
5 Ebd., S. 449, Nr. 184; ferner S. 439 f., Nr. 170.
6 Vgl. A. Blankert, Invul-portretten door Caspar en Constantyn Netscher, in: Oud Holland 81, 1966, S. 263-269.

Lit.: Katalog Slg. Hudtwalcker 1854, S. 63; Katalog Slg. Hudtwalcker 1861, S. 136; Bode 1886, S. 28; Leithäuser 1889, S. 71; Katalog 1918, S. 118; Katalog 1921, S. 122; Katalog 1930, S. 115; Katalog 1956, S. 115; Katalog 1966,
S. 120; Marjorie Elizabeth Wieseman, Caspar Netscher and late Seventeenth Century Dutch Paintings (Phil. Diss. Columbia University 1991), Ann Arbor 1996, S. 452,
Nr. 190.

Details zu diesem Werk

• Provenienz

  Slg. Nicolaus Hudtwalcker (1794-1863), Hamburg, mind. 1842-mind. 1861; Slg. Johannes Wesselhoeft, Hamburg, dort erworben, 1888

• Bibliographie

  Katalog der Alten Meister der Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Carl Georg Heise, 1966, S. 120, Abb.-Nr.

  Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der Alten Meister, 1921, S. 122, Abb.-Nr.

  Die niederländischen Gemälde 1500-1800, Thomas Ketelsen; Herausgeber: Uwe M. Schneede, 2001, S. 202-203, Abb.-Nr.

  Katalog der Alten Meister der Hamburger Kunsthalle, 1956, S. 115, Abb.-Nr.

  Catalog der Gemälde-Sammlung von Nicolaus Hudtwalcker in Hamburg, 1854, S. 63, Abb.-Nr.

  Erläuternder Catalog der Gemälde-Sammlung von Nicolaus Hudtwalcker in Hamburg, 1861, S. 136, Abb.-Nr.

  Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der Alten Meister, Gustav Pauli, 1918, S. 118, Abb.-Nr.

  Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der Alten Meister, 1930, S. 115, Abb.-Nr.

  Die Gemälde-Sammlung Hudtwalcker-Wesselhoeft, Gustav Leithäuser, 1889, S. 71, Abb.-Nr.

  Die Gemäldesammlung des Herrn Johannes Wesselhoeft in Hamburg, Wilhelm Bode, 1886, S. 28, Abb.-Nr.

  Caspar Netscher and late Seventeenth Century Dutch Paintings, Marjorie Elizabeth Wiesemann, 1996, S. 390, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 113b

  Verzeichniss der Neunten vom Hamburger Kunst-Verein veranstalteten Kunst-Ausstellung von Gemälden älterer Meister; Hamburg, 1842, S. 32, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 159