
Max Liebermann
Die Netzflickerinnen, 1887/89
Das ausnehmend großformatige, unmittelbar nach seiner Fertigstellung 1889 auf der Weltausstellung in Paris präsentierte Gemälde zählt zu den unbestrittenen Hauptwerken Liebermanns. Auf das Genrethema der Netzflickerinnen war der Künstler bereits 1884 in Scheveningen von seinem niederländischen Malerfreund Jozef Israëls hingewiesen worden. Liebermann hat die weiblichen Figuren rhythmisch über den landschaftlichen Tiefenraum verteilt und dabei unterschiedliche Arbeitsstadien eingefangen. Der Eindruck immenser, grenzenloser Weite resultiert aus der zu den Seiten hin offenen Bildstruktur. Indem Liebermann die Silhouette eines Dorfes am Horizont übermalte, verlieren die Netzflickerinnen ihren Bezugspunkt und erweisen sich in gesteigertem Maße gegenüber der elementaren Natur exponiert. Die stehende, über die Horizontlinie hinausragende und dem Sturm trotzende junge Frau bündelt die Aufmerksamkeit des Betrachters. Ihr nachdenklich in die Ferne gerichteter Blick bringt eine reflexive Dimension ins Bild.
Markus Bertsch