Hans Thoma
Selbstbildnis, 1871
Als der 32-jährige Thoma sein erstes Selbstbildnis malte, lagen Jahre der Erfolglosigkeit hinter ihm, da seine Art der Landschaftsauffassung den Vorstellungen seiner Zeit zuwiderlief. Neu in München angekommen, fand er im Kreis um Wilhelm Leibl erstmals Anschluss an gleichgesinnte Kollegen, denen der Realismus des französischen Malers Gustave Courbet als fortschrittliches Vorbild galt. In förmlicher Kleidung präsentiert sich Thoma im Freien, ein Schlaglicht fällt auf das Gesicht und die Hand des Malers. Die parallel zur Bildebene übereinandergeschlagenen Beine signalisieren Abgrenzung, während er die Betrachter mit nachdenklichem und zugleich entschlossenem Ausdruck anblickt. Die grün bewachsene felsige Anhöhe im Hintergrund dient als Attribut des Landschaftsmalers. Ganz in der Manier Courbets ist die Farbe hier abwechselnd mit Spachtel und Pinsel aufgetragen. Die sprudelnde Quelle, die Thoma genau oberhalb seiner rechten Hand platziert, versinnbildlicht neu gefassten Mut und das Vertrauen in die eigene Schaffenskraft.
Daniel Koep