Nordniederländisch, um 1650/60
Adam Pijnacker, ehemals

Italienische Küstenlandschaft

Eine mit Gestrüpp bewachsene Ruine steht am Ufer einer Bucht, im Schatten ein Hirt mit seinen Rindern, Ziegen und Schafen; davor zwei Reisende auf Eseln. Am flachen Ufer liegen zwei Schiffe, die beladen werden. Ein Kastell ragt am gegenüberliegenden Ufer ins Meer.
Die alte Zuschreibung an Adam Pijnacker wurde von Harwood zu Recht bezweifelt. Auf Pijnackers frühen südländischen Hafenbildern gibt es weder vergleichbare Ruinen noch ähnlich feingliedrige Figuren, die eher an Jacob van der Ulft erinnern. Auch in der malerischen Ausführung besteht kein Zusammenhang mit Pijnacker.1 Harwood verwies auf in Rom entstandene Landschaften von Bartholomäus Breenbergh.2 In Aufbau und Motiven lehnt sich Inv. 139 jedoch stärker an Jan Asselijns bis 1643/44 in Italien gemalte Bilder an. Dessen Seehafen mit hohem Turm in Wien, gemeinsam mit Jan Baptist Weenix gemalt, mag als Vorbild gelten.3 Vielfach hat Asselijn am Rand seiner Kompositionen verwittertes Mauerwerk aufragen lassen.4 Eine Zeichnung in Hamburg mit den Ruinen des Palazzo Maggiore in Rom stellt ein überwachsenes Bauwerk ähnlich dar.5 Auch in der Figuren- und Tierstaffage sowie im Laubwerk bestehen Übereinstimmungen zu Asselijn, in dessen Umkreis oder Nachfolge der Maler von Inv. 139 zu suchen ist. Willem Schellinks, Jan Snellinck oder Herman van Swanevelt, die sich eng an Asselijn angelehnt haben, kommen nach Steland nicht in Frage,6 ebensowenig Gerrit van Bronckhorst.7 Eine Bernard le Petit zugeschriebene Südländische Landschaft in Karlsruhe weist Ähnlichkeit mit Inv. 139 auf.8 Die größten Übereinstimmungen bestehen jedoch mit Gemälden von Adriaen van der Cabel, der sich seit ca. 1655 in Rom aufhielt.

Thomas Ketelsen 2001

1 Die frühesten Hafenszenen Pijnackers werden in die Jahre 1648/49 datiert, vgl. Harwood 1988, S. 47, Nr. 10; dies. Reflections on Italy. Adam Pynacker, Ausst. Kat. Richard L. Feigen & Comp., London 1991, S. 2-5, Nr. 1.
2 Harwood 1988, S. 127.
3 Lw., 127 x 167 cm, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste, Wien, Inv. 761; Katalog Wien 1992, S. 42-46, Nr. 15.
4 Vgl. A. C. Steland-Stief, Jan Asselijn, Amsterdam 1971. Die früheste italienische Landschaft Asselijns mit annähernd denselben Maßen wie Inv. 139 weist ähnliche Substruktionen mit gemauerten Gurtbögen auf, ebd., S. 150, Nr. 162, Taf. X.
5 Kupferstichkabinett, Hamburger Kunsthalle, Inv. 1963/114; s. A. C. Steland, Die Zeichnungen des Jan Asselijn, Fridingen 1989, S. 226 f., Nr. 78, S. 35, Abb. 11.
6 Anne Charlotte Steland, Göttingen (mündl. Mitt. 1998).
7 Thomas Döring, Braunschweig (briefl. Mitt. vom 27. 11. 2000).
8 Eichenholz, 25,6 x 32 cm, bez. B L P, Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe, Inv. 1829; Katalog Karlsruhe 1966, Bd. 1, S. 171, Bd. 2, S. 368, Abb. Auch von Ambrosius Bruegel sind vergleichbare Küstenlandschaften bekannt.

Lit.: Bezeichnungen Slg. Johns 1869, Nr. 19; Verzeichnis 1869, S. 51; Hofstede de Groot, Bd. 9, 1926, S. 528, Nr. 24; Katalog 1918, S. 127; Katalog 1921, S. 132; Katalog 1930, S. 123 f.; Katalog 1956, S. 121 f.; Katalog 1966, S. 126; Laurie B. Harwood, Adam Pynacker (c. 1620-1673), Doornspijk 1988, Nr. C 7, S. 124.

Details zu diesem Werk

Leinwand 53cm x 64.8cm (Bild) 70cm x 82.5cm (Rahmen) Geschenk Senator Eduard Johns, 1849 Inv. Nr.: HK-139 Sammlung: Alte Meister Bildnachweis: Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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